Spieletester – Wirklich ein Traumjob?
Wer schon länger Videospiele zockt und bereits seit Kindheitstagen einfach nicht genug bekommen kann, hat sicher schon einmal den Traum gehabt, Spieletester zu werden. Wie schön wäre es, Games auf die man Lust hat zu spielen und dafür noch ordentlich Geld zu bekommen? Man hat immer die neusten Konsolen auf dem Tisch und kann vor allen anderen die Titel austesten. Doch wie sieht dies in der Realität aus? Genau dazu habe ich ein paar Zeilen verfasst, denn zwischen Traum und Wirklichkeit liegen enorme Differenzen.
Aller Anfang ist leicht?
Mir ging es als Kind nicht anders. Gerne verbrachte ich meine Freizeit bei unschönen Tagen mit Videospielen. Angefangen hat alles zu Beginn der neunziger Jahre. Ich konnte kaum lesen und englisch schon gar nicht, aber die Videospiele verstand ich trotzdem. Das NES mit seinem 8 Bit Look konnte mich begeistern und in seiner Welt gerne mehrfach pro Woche willkommen heißen. Dies setzte sich mit dem SNES fort, was mich noch tiefer in die Materie versinken ließ und fortan den Wunsch förderte, das Spielen von Games am Liebsten als Beruf fortzuführen.
Das Erwachsenwerden gestaltete sich jedoch komplett anders und meine Laufbahn begann mit einer soliden Ausbildung. Die Videospiele begleiteten mich dennoch, wenngleich die Zeit deutlich begrenzter war. Mit Mitte 20 und inzwischen vollends im Berufsleben angekommen, erhörte mich das Schicksal und kramte meinen alten Wunsch wieder hervor. Ich wurde Quereinsteiger auf einer Website, nachdem ich eine Rezension zur Ansicht geschrieben hatte. Schnell stieg ich auf, denn dadurch, dass ich ja eh gerne zockte, waren meine Tests schnell fertig. Es lief aber nicht für alle so optimal, denn mit der Annahme eines Spiels, kamen auch zeitliche Verpflichtungen auf einen zu. Denn die Tatsache ist, die Seiten leben von einer schnellen Veröffentlichung und können damit hauptsächlich bei den Besuchern punkten.
Für mich war es selbstverständlich Fristen einzuhalten und so oft wie es mir nur möglich war zu unterschreiten. Andere nahmen es lockerer und reizten die Abgaben gerne aus, ohne wirklich sich Gedanken zu machen, ob es Konsequenzen für die Seite haben könnte. Nach einem Wechsel kam ich auf die glorreiche Idee, ein ganz eigenes Projekt zu starten. Glücklicherweise hatte ich bereits Leute an der Hand, die damit bewandert waren, wie die Sache abläuft.
Traum oder Albtraum?
Wenn man eine Seite betreibt, sieht man die wahren Ausmaße, die hinter dem Testen stecken. Zuallererst bleibt es nicht nur beim Testen, denn eine Seite muss mit Neuigkeiten gefüllt werden. So ist man immer damit beschäftigt, neben dem Spielen Infos zu Erscheinungen, Verschiebungen, oder neuen Patches zu sammeln. Da die meisten Blog auf privater Basis laufen, erfolgt die Instandhaltung in der Freizeit. Das beeinflusst aber keine Abgabefristen, denn die bleiben auf einen Zeitraum fixiert. Hinzu kommt, dass gelegentlich ein Entwickler oder Publisher sich zum gegenwärtigen Stand des Testes erkundigt, was den Druck weiter erhöht. Dies wird zwar vom Seitenadministrator geklärt, hat aber dennoch einen unschönen Beigeschmack, denn es könnte eine zukünftige Bemusterung mit Titeln beeinflussen.
Natürlich reicht es nie, ein Spiel kurz einmal anzuspielen, um daraus ein paar Infos zu entnehmen. Das klingt jetzt selbstverständlich, kann aber tatsächlich Überwindung kosten, wenn der Titel weit entfernt von dem ist, was man erwartet. Ja, denn als Spieletester bekommt man nicht nur AAA-Granaten zur Verfügung gestellt, sondern auch kleinere Entwicklungen, die schon in den jeweiligen Trailern ein regelrechten Graus ankündigen. Doch gerade diese Games kommen in regelmäßigen Abständen und vor allem ungefragt, da die Entwickler jedwede Plattform nutzen möchten, um ihr Spiel anzupreisen. Zwar kann man mit den Abgabefristen dort etwas variieren, komplett ignorieren ist aber eher selten eine Option, denn in der Branche wird sehr dicht zusammengearbeitet.
Allgemein bekommt man als Spieletester erst mit, was eigentlich hinter all dem steckt. So nimmt das eigentliche Testen eine ganz andere Rolle ein. Man ist immer bestrebt, eine große Leserschaft zu haben, die nicht alle an Rezensionen interessiert sind. Jene Besucher garantieren dann wiederum den positiven Effekt, eine Vielzahl an Mustern zu erhalten. Je bedeutender der Blog ist, desto früher kann man auch damit rechnen, eines der Testexpemplare in den Händen zu halten. Das große Seiten bevorzugt werden, versteht sich natürlich von selbst. Gleichzeitig muss man sich aber immer mehr gegenüber kleineren Vertretern behaupten, die leider zu oft mit falschen Vorstellungen an die ganze Sache herangehen.
Wie bereits in den letzten Zeilen entnommen, ist Spieletester zu sein nicht unbedingt eine Traumerfüllung. Zumal die Realität, dies bezahlt zu bekommen, nahezu utopisch ist. Zwar gibt es in der Branche noch einige große Namen, die ihre Redakteure für die Tätigkeit bezahlen, doch durch die wachsende Internet-Konkurrenz wird das immer weiter abnehmen. Schon jetzt wird vieles durch Praktikanten abgedeckt, die nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung bekommen und wohl noch seltener große Titel. In jener bezahlten Branche ist der Druck zudem wesentlich größer, Titel am Besten noch am selben Tag in Form einer Rezension zu veröffentlichen. Und als wäre das nicht schon genug, kommen gelegentlich noch Mails reingeflattert, die die Wertung hinterfragen.
Das drumherum
Bislang klingt das alles sehr kritisch und letztlich ist es leider so, dass wie in den meisten realen Jobs es nicht nur gute Tage gibt. Man quält sich durch ein Spiel, obwohl man das Gerne gar nicht mag, man guckt immer auf den Kalender und setzt Prioritäten neu und man muss manchmal eine Leere im Kopf ausbremsen. Dies wird zwar nicht immer von guten Titeln wieder wettgemacht, bei denen die Zeilen sich bereits im Kopf bilden, wenn man die ersten virtuellen Schritte macht, doch es stimmt wieder positiver.
Vor allem ist es aber der Blick hinter die Kulissen, der so begeistert. Plötzlich findet man sich auf privaten Events wieder oder im Pressebereich der Gamescom. Man sieht Leute, die sonst nur aus YouTube bekannt sind oder trifft auf Kollegen, die denselben Weg gehen und ihren Traum verwirklichen wollen. Und tatsächlich ist es einigen sogar gelungen, aus ihrer Arbeit als freier Redakteur heraus, zu einem professionellen Spieletester zu werden. Sie arbeiten inzwischen mit Entwicklern zusammen und sind mittendrin im Geschehen.
Aber auch als Spieletester auf Presseevents kommt man mit vielen Entwicklern ins Gespräch. Man darf Feedback zu Präsentationen geben, Fragen stellen und manchmal sogar mit Verbesserungsvorschlägen um die Ecke kommen, die gerne weitergeleitet werden. Vor allem aber bekommt man gelegentlich die Möglichkeit, Spiele die noch weit weg von der eigentlichen Veröffentlichung sind anzuspielen und sich so einen ersten Eindruck zu verschaffen.
Fazit
Es ist wohl wie überall – nichts ist perfekt. Mir ist bewusst, dass sich die Zeilen eher kritisch lesen. Es sei aber gesagt, ich würde es nicht machen, wenn es mir trotz des ganzen Aufwandes keinen Spaß brächte. Irgendwie wächst man mit all seinen Aufgaben mit und setzt Prioritäten ganz anders. Das eigentliche Testen wird fast schon zur Nebensache, denn ein Teil von etwas zu sein, was einen über Jahre fasziniert hat, ist weit aus mehr wert. Nichtsdestotrotz ist es großartig, Spiele zu erhalten und dazu seine eigene Meinung abliefern zu können, die vielleicht sogar den einen oder anderen Kauf beeinflussen.