Gabriel Knight: Sins of the Fathers 20th Anniversary Edition REVIEW

Kennt ihr Tim Schafer, Chris Roberts und Jane Jensen? Wer nun verdutzt mit der Stirn runzelt und in den Weiten seines Gedächtnisses nach den genannten Namen kramt, der wird höchstwahrscheinlich nicht zu jenen Menschen gehören, die in den 1990er Jahren ihre Tage mit PC-Spielen wie „Maniac Mansion“, „Wing Commander“ und „Gabriel Knight“ verbracht haben. Zugegeben: die 90er liegen ja mittlerweile schon ein ganzes Stück zurück und man kann sich als alteingesessener Fan des Mediums mittlerweile schon glücklich schätzen, wenn Spieler jüngeren Alters mit den genannten Spielen überhaupt etwas anfangen können. Denn anders, als ihre Schöpfer, sind diese doch einigermaßen im kollektiven Gedächtnis geblieben und gelten auch heute noch als wichtige Wegbereiter. Umso trauriger ist es eigentlich, dass eben jene Pioniere ihrer Zunft, wie eben die Eingangs genannten, lange Jahre kaum mehr einen Fuß in die Hallen großer Publisher bekommen haben. Ihre Ideen galten als überholt und waren in Zeiten, in denen sich die Branche immer weiter professionalisierte, zu riskant, als das sich jemand an ihre Finanzierung wagen wollte. Doch in Zeiten von Kickstarter und anderen Crowdfunding-Modellen machen auch einige alte Hasen der Videospielbranche wieder von sich reden.


Während Schafer und Roberts ausschließlich das genannte Kickstarter-Modell nutzen, und damit auch großen Erfolg hatten bzw. haben, entschied sich Jensen für einen leicht anderen Ansatz und gründete ihre neue Firma Pinkerton Road als ein sich vor allem aus monatlichen Beiträgen von überzeugten Fans speisendes Entwicklerstudio. Und das durchaus mit Erfolg, denn mit der „20th Anniversary“ Version ihres Klassikers „Gabriel Knight“ erscheint nun bereits das zweite Spiel binnen kürzester Zeit.

 


„What do you know about Voodoo?“

 


Die Handlungsstränge von Original und Remake sind – oh Wunder – im Prinzip identisch. Wir befinden uns im New Orleans des Jahres 1993. In der schwülen Hitze des Sommers sorgt eine Serie von offensichtlich rituell geprägten Morden seit Wochen für Angst und Schrecken unter der Bevölkerung. Während die lokale Presse schnell von Voodoo-Morden spricht, ist die Polizei von dieser Theorie zunächst nicht wirklich überzeugt und geht von einer Verschleierungstaktik der Mörder aus, welche den hiesigen Kult um Voodoo nutzen um eigene Spuren zu verwischen. Auch Gabriel Knight, ein wenig erfolgreicher Horror-Autor, welcher für sein neuestes Werk im Umfeld der Morde ermittelt, hält von der populären Voodoo-Theorie zunächst nicht allzu viel. Nach und nach ziehen ihn seine Nachforschungen aber immer weiter in die Welt des Okkulten und offensichtlich hängt auch seine eigene Geschichte bzw. die seiner Familie mit den aktuellen Geschehnissen irgendwie in Zusammenhang…


Auch in seiner „20th Anniversary“ Version ist „Gabriel Knight“ nach wie vor ein sehr spannender Thriller zwischen okkulten Morden, mysteriösen Verstrickungen und überzogenen, machohaften Humor. Obwohl sich letzterer zu keinen Zeitpunkt wirklich ernst nimmt, wirkt er mittlerweile doch sehr aus der Zeit gefallen und fast schon ein bisschen peinlich. Protagonist Gabriel ist nämlich wie eh und je von seiner Wirkung auf Frauen überzeugt und lässt daher so gut wie keine Gelegenheit aus seine Selbstwahrnehmung an die Frau zu bringen. Autorin Jenna Jensen versteht es trotzdem gut ihren als schleimigen Lurch auftretenden Hauptcharakter eine doch sehr sympathische Seite abzuverlangen und durch das geschickt eingesetzte Stilmittel der Durchbrechung der 4. Wand dem gesamten Humor genau den richtigen Augenzwinker-Anteil zukommen zulassen, ohne das die eigentliche Ernsthaftigkeit der Story darunter leidet. Diese ausgewogene Mischung zwischen zwei eigentlich konträr zueinander stehende Ansätzen ist aber leider nicht durchweg wiederzufinden.


So sehr ich es eigentlich schätze, dass wir hier ein Remake erhalten haben, das nahezu 1:1 seiner Vorlage entspricht und lediglich einige Änderungen im Detail mit sich bringt, so schade finde ich es, dass sich die Entwickler bewusst dagegen entschieden haben einzelne Gameplay-Mechaniken zu modernisieren, wobei ich hiermit insbesondere auf das Interface anspiele. Dieses wirkt aufgrund seiner sturen Verharrung am Original mittlerweile nämlich reichlich antiquiert. Anstatt beispielsweise einen Gegenstand aus meinem Itemmenü direkt per Drag & Drop an seinen Ort der Bestimmung zu ziehen, muss ich erst das besagte Menü öffnen, den entsprechenden Gegenstand in eine Art Untermenü schieben um es schließlich mit der Spielwelt einzusetzen. Das wirkt auch nach mehreren Stunden Spielzeit unnötig umständlich und nervt, zumal man immer hin- und herklicken muss, anstatt einfach schnell zur Sachen kommen zu können, was den eigentlich guten Spielfluss immer wider unterbricht.


Ähnlich umständlich verhält es sich teilweise auch mit dem Rätseldesign, wobei ich hier durchaus ein wenig zwischen den Stühlen sitze. Eigentlich weiß ich es nämlich sehr zu schätzen, dass die im Grunde durchaus cleveren Rätsel ohne große Abweichungen vom Original übernommen wurden. Recht früh im Spiel muss ich etwa irgendwie an eine Dienstmarke der örtlichen Polizei kommen. Da fällt mir ein: Kommissar Mosley, ein Kumpel von Gabriel, trägt seine Marke stets am Jackett. Mit dieser Information im Hinterkopf schaue ich mich ein wenig im Revier um und entdecke schließlich einen Raumthermostat, mit welchen ich die Temperatur im Büro von Mosley nach oben oder unten korrigieren kann. Ich entschließe mich dazu, es dem guten Mosley mal ein bisschen wärmer zu machen und drehe das Thermostat daher bis zum Anschlag nach oben. Und tatsächlich zieht dieser sein Jackett unter lauten Stöhnen auch aus und hängt sie an eine Garderobe. Nun locke ich Mosley nur noch unter einem Vorwand aus seinem Büro und schnappe mir die Marke. In der überwiegenden Zahl sind die Rätsel so oder ähnlich clever aufgebaut und erscheinen im Adventure-Kosmos einigermaßen logisch.


Dann gibt es aber wiederum Rätsel, die man kaum ohne Hilfe von außen, viel Geduld oder einem glücklichen Zufall lösen kann. Etwa zur Mitte des Spieles braucht Gabriel beispielsweise 120 Dollar um sich eine Tiermaske zu kaufen. Nun ist besagter Autor von Horror- und Schundliteratur immer etwas knapp bei Kasse, kommt aber irgendwie doch an die ersten 100 Öcken. Die letzten 20 Dollar hingegen habe ich fast eine Stunde vergeblich gesucht. Weder konnte ich jemanden anpumpen, noch das Geld einfach aus der Kasse von Gabriel´s Buchladen entwenden. Verzweifelt und ziemlich entnervt schaue ich die Lösung also nach und siehe da: Gabriel muss einfach nur das Grab seiner Familie besuchen, ein bisschen mit seiner dahingeschiedenen Verwandtschaft plaudern und darauf warten, dass ein Salamander eine vor dem Grab stehende Vase umkippt, in welcher sich genau die benötigten 20 Dollar befinden. Ja, nee, is klar, ne. Bei aller Liebe zu Point & Click Adventures der alten Schule: solche Rätsel braucht kein Mensch und zehren nur unnötig an der Frustrationstoleranz des Spielers.

 


Charme, wo bist du?

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Die größte Veränderung zwischen Original und Remake betrifft natürlich die technische Seite. Zwanzig Jahre nach seinem erstmaligen Erscheinen verabschiedet sich „Gabriel Knight: Sins of the Fathers“ von seinem Pixel-Look und präsentiert sich mit handgemalten Hintergründen und 3D-Umgebung vollkommen neu. Obwohl das Gesamtbild durchaus ansprechend wirkt, so ist die Grafik qualitativ trotzdem nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Schade, denn Figuren, die keine Schatten werfen, und steife Animationen aus der Augsburger Puppenkiste haben in einem Spiel Anno 2014 nichts mehr zu suchen. Immerhin gefallen mir die aufhübschten Umgebungen zum großen Teil sehr gut und vermitteln eine schöne Atmosphäre. Gerade der Buchladen von Gabriel, das Voodoo-Museum und noch ein paar andere Schauplätze strotzen nur so vor vielen kleinen Details. Schön auch, dass ich das Spiel immer wieder pausieren kann um diverse Specials, wie etwa Konzeptzeichnungen zu aktuellen Schauplätzen und Charakteren, Interviews und andere Hintergrundinformationen zum Spiel abrufen kann. Gerade für Fans ist dies eine tolle Sache, da Jane Jensen und ihr Team wirklich sehr tief in die Entwicklung von Original und Remake blicken lassen.


Streitbar ist sind hingegen einige Designentscheidungen, was sich vor allem am Charakterdesign von Protagonist Gabriel Knight ausmachen lässt, welcher für meine Begriffe zu sehr vom Original abweicht und nun noch mehr wie ein schleimiger Schmierfink wirkt. Ebenfalls für Diskussionen unter Fans sorgt auch die neue Vertonung, welche aufgrund der verloren gegangenen Originaltonspuren angefertigt werden musste. Zwar geht der ursprüngliche Charme wirklich etwas verloren, im Grunde ist die englische Synchronisation aber auf einem guten Niveau und passt zum Setting. Von guter Qualität kann man bei den deutschen Untertiteln hingegen nicht sprechen, diese strotzen nämlich nur so vor Fehlern, komplizierten Übersetzungen und anderen Mängeln. Die Übersetzung ist stellenweise gar so schlecht, dass sie jeglichen Sinn des Originals verfälscht und gerade die sowieso schon nicht immer logischen Rätsel noch konfuser erscheinen lässt.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
72
72
-
Multiplayer

FAZIT

Es stellt sich durchaus die Frage, ob ein Remake von Gabriel Knight nötig gewesen ist. Zumindest in der vorliegenden Form ist die Überarbeitung nämlich nur mäßig gelungen und krankt an zu vielen Stellen, als das ich guten Gewissens von einer gelungenen Überarbeitung sprechen kann. Trotzdem will ich dem Spiel in seiner 20th Anniversary Edition nicht absprechen, dass es keinen Spaß macht. Diesen habe ich nämlich durchaus, was vor allem an der nach wie vor guten und gut funktionierenden Handlung, den stimmigen Dialogen und der für meine Begriffe guten Erzählstruktur liegt. In seinen besten Momenten hat mich das Remake nämlich wieder stark in seinen Bann gezogen und Interesse für seine Geschehnisse geweckt. Auch die Rätsel machen durchaus Laune, sofern sie denn einigermaßen nachvollziehbar gestaltet sind. Ist dies nicht der Fall, so wurde ich immer wieder aus dem Spiel gerissen und habe irgendwann sämtliche Lust verloren selbstständig nach der Lösung zu suchen. Für ein Adventure ist dies eigentlich kein Qualitätsbeweis. Auch die Tatsache, dass sich Gabriel Knight nach 20 Jahren bewusst gegen durchaus sinnig gewesene Modernisierungen hinsichtlich seiner Grundmechanik verwehrt, kann ich nicht nachvollziehen. Somit bleibt am Ende ein Spiel, dass es sich selbst unnötig schwermacht.

- Von  Adrian

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USK 12 PEGI 12

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