Deadly Sin 2 REVIEW

Eine Todsünde des tanzenden Drachen oder nicht doch eher ein weiteres tolles Maker-RPG? Um die Frage gleich zu beantworten: Letzteres ist der Fall. Dancing Dragon Games (vormals Deadly Sin Studios) konnten mich ja schon mit Skyborn überzeugen, da ließ ich mir nicht die Gelegenheit nehmen mir für ein Appel und ein Ei das vorhergegangene Maker-Spiel via Bundle-Paket zuzulegen. Der ursprüngliche Steam-Standardpreis von 9,99 € (aktueller Preis: 4,99 €) wäre mir persönlich zu teuer gewesen. Das Mitte 2010 veröffentlichte Deadly Sin 2 wird zwar als zweiter Teil einer Serie gehandelt, kann jedoch ruhig unabhängig vom Vorgänger gezockt werden, da Spielwelt und Story der beiden Spiele nicht zusammen hängen. Ob DS 2 mit seinem Nachfolge-RPG Skyborn mithalten kann oder nicht, erfahrt ihr hier bei mir.

 

Die Mühlen der Politik mahlen mal wieder – mit fatalem Ergebnis

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Die Handlung von DS 2 ist über weite Strecken eine rein politische. Wir übernehmen die Rollen von Carrion Iblis, seiner Herzensdame Teresa, seinem Stiefbruder Maric und der frechen Ruby. Nachdem man die vier also im wirren, eher planlos reingeklatschten Tutorial(?)-Segment zumindest vom sehen her kennengelernt hat, erfährt man dann auch endlich worum es eigentlich geht. Carrion und Maric haben ihre Schwertarme dem Archaelus Imperium gewidmet, welches den Weltfrieden bereits seit Jahrhunderten aufrecht erhält. Dummerweise befindet sich das Imperium aktuell in einem politischen Umbruch, denn seit dem Verschwinden des Imperators und dessen Ehefrau, hat der zwielichtige Regent Aldor die politische Macht an sich gerissen. Dieser verfolgt freilich eigene Pläne, denen lediglich Siegfried, der Sohn des Imperators, im Wege steht. Da Siegfried in politischer Hinsicht schon längst augebootet wurde, bleibt der treue Carrion sein letzter Arm in die Außenwelt. Da er Mordanschläge auf sich befürchtet, beauftragt Siegfried unsere beiden Recken damit seine Halbschwester Ruby ausfindig zu machen und künftig zu beschützen, damit sie im Ernstfall den Imperatoren-Thron besteigen könne. An dieser Stelle setzt der Spieler an, um die Geschicke der vier Protagonisten zu lenken (Ruby und Teresa stoßen wenig später dazu). Natürlich können diese den aufkeimenden Krieg nicht verhindern und finden sich recht bald im Zentrum blutiger Scharmützel mehrerer kriegsführender Parteien wieder. Währenddessen gärt der Hass in Siegfrieds Seele immer weiter und treibt ihn letztendlich zu extremsten Maßnahmen. Wird sich doch noch alles zum Guten wenden oder steht der Welt eine Katastrophe unbeschreiblichen Ausmaßes bevor?

Die Story hält einen ganz gut bei der Stange, auch wenn es nicht immer ganz leicht zu durchblicken ist, welche Parteien was für Ziele verfolgen. Hier hätte so etwas wie ein Codex Aushilfe schaffen können, in dem man diverse Nationen, Charaktere etc. hätte nachschlagen können. Herzstück des Spiels scheinen aber ohnehin eher die fünf Hauptcharaktere (Siegfried mit eingerechnet) und ihre Beziehungen untereinander zu sein. So gibt sich z. B. Carrion die Schuld am Tod seines Vaters, welcher auch noch als größter Held der neueren Zeitrechnung angesehen wird. Carrion unterdrückt seine Schuldgefühle und Depressionen mit Drogenkonsum. Teresa hingegen hatte vor ihrer Beziehung mit Carrion eine Liaison mit Siegfried, ein Umstand den Teresa und Siegfried für sich behalten, auch wenn Siegfried wohl nie über den Verlust von Teresa hinweggekommen ist. Kurz gesagt: Die Charaktere sind eben keine fehlerlosen, strahlenden Heilsbringer, sondern Menschen mit ihren eigenen individuellen Hoffnungen, Träumen und Fehlern. Schön auch, dass man es nicht mit nervigen Kindern und Jugendlichen zu tun hat, sondern mit Erwachsenen die sich auch entsprechend verhalten (ok, Ruby ist da eher die Ausnahme, aber auch sie stellt keinen Störfaktor dar).
All das ist zwar nicht unbedingt hitverdächtig, aber grundsolide und unterhaltsam genug, um die Motivation zum Weiterspielen aufrecht zu erhalten.

 

Vorsicht vor dem Zufallskampf!

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Wenig überraschend haben wir es mit einem typischen Maker-RPG auf Grundlage der Version VX (Ace) zu tun. Das bedeutet Vogelperspektive, rundenbasierte Menü-Kämpfe, Weiterentwicklung der Charaktere durch aufleveln sowie erwerben besserer Ausrüstung und das altbewährte Stadt, Land, Dungeon-Prinzip. Und ja, erneut habe ich den Schwierigkeitsgrad auf „Hard“ geschaltet und wie in Skyborn darf man auch hier jederzeit zwischen den drei Graden „Easy,“ „Normal“ und „Hard“ wechseln. Ganz so fordernd wie Skyborn war DS 2 jedoch nicht, was wohl ganz einfach daran liegt, dass dieses Spiel hier auf Zufallskämpfe setzt, was dem Spieler freilich ausgiebiges Grinding ermöglicht. Und da die Gegner im finalen Dungeon seeeehr viel Exp. abgeben, dauert es auch nicht so arg lang bis man auf Stufe 99 gegrindet hat. Dies wiederum ist leider durchaus notwendig, wenn man den finalen Boss und den härtesten optionalen Boss im Spiel bezwingen möchte. Natürlich kommt es nach wie vor auch auf Taktik an, vor allem wegen des sehr guten Skill-Systems und der Tatsache, das selbst reguläre Gegner nicht als simples Schwertfutter abgekanzelt werden können, aber das erstklassige Balancing eines Skyborns sucht man leider vergebens.

Nichtsdestotrotz wird viel Spielspaß geboten. Steuerungstechnisch werden alle relevanten Eingabegeräte unterstützt (Tastatur, Maus, Controller). Das diese Art von Spiel eine simple, leicht zu meisternde Steuerung nutzt dürfte auch klar sein. Bereits hier gab es das Augment-System, welches den Spieler erlaubt Wertsachen, Edelsteine und Artefakte in Ausrüstungsstücke und Waffen zu integrieren, um für diese zusätzliche Effekte und Statusverbesserungen freizuschalten. Aber Vorsicht: Nur ein Augment pro Ausrüstungsstück/Waffe ist möglich und verbaute Augments können auch nicht mehr entfernt werden ohne das sie dabei kaputt gehen! Auch das Questlog, welches offene und gelöste Haupt-, und Nebenquests listet stand schon in diesem Spiel zur Verfügung. Die Schmiede-Option sucht man dafür vergebens.

Dafür ist das Leveldesign wesentlich interessanter als in Skyborn. Vor allem die späteren Maps haben eine ordentliche Größe, bieten zum Teil wirklich gut integrierte Schalterrätsel und laden durch cleveres Map-Design auch mal zum Verlaufen ein. Leider wird letzterer Vorteil durch die dadurch nochmals verstärkt enervierenden Zufallskämpfe ziemlich entwertet. Sichtbare Gegner und Verzicht auf Respawning hätten da einige Nerven geschont. Immerhin darf man überall speichern.

Das Kampfsystem funktioniert zwar ganz traditionell mit allen genretypischen Möglichkeiten, doch baut es sehr stark auf den Klassenkompetenzen der Charaktere sowie deren individueller Skills auf. Darüber hinaus spielt auch das Threat-System eine wichtige Rolle. Der Charakter der für die Feinde die größte Bedrohung darstellt bekommt die Schläge ab. Teresa übernimmt im Kampf die Rolle des Paladins/Tank. Sie hat die dickste Rüstung und erzeugt den meisten Respekt beim Gegner, weswegen sie auch die meisten Treffer abbekommt. Carrion ist der Kämpfer/Angreifer, Maric der Heiler/Buffer/Allrounder und Ruby die Kampfmagierin. Mal abgesehen von Ruby sind die Leute dank ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten und des recht offenen Ausrüstungssystems durchaus flexibel einsetzbar, So kann man sowohl Maric als auch Teresa als Heilmagier abstellen oder Carrion zur größten „Bedrohung“ hinbiegen. Letztendlich sollte man sich jedoch an die primäre Rolle halten, um den größten Erfolg zu erzielen.

Besonders motivierend ist das Skill-System. Jeder Charakter verfügt über neun aktive und drei passive Skills. Jeder dieser insgesamt zwölf Skills kann auf Stufe fünf hochgelevelt werden. Skills werden von Stufe zu Stufe immer mächtiger und schalten dabei zum Teil sogar zusätzliche Eigenschaften frei. So sorgt z. B. ein bestimmter Angriff auf höheren Stufen dafür, dass der Getroffene eine blutende Wunde davon tragen kann. Die Anzahl der erforderlichen Skillpunkte zum Level-Up ist dabei identisch zum freizuschaltenden Level (also 3 Punkte für Skilllevel 3, 4 Punkte für Level 4 usw.). Und wie bekommt ihr die wertvollen Skillpunkte? Nun, da gibt’s drei Möglichkeiten. Entweder ihr levelt auf (1 Punkt pro Level-Up), ihr löst Haupt-, und Sidequests (1-2 Punkte je Quest und zwar für jeden Charakter) oder ihr schnappt euch die „Monster Nodes“ (Ein Gegenstand den ihr auf den gewünschten Charakter anwenden könnt, damit dieser einen Skill-Punkt bekommt). Letztere erhaltet ihr von Kontroll-Edelsteinen in den Dungeon-Abschnitten. Mithilfe dieser Kontroll-Edelsteine könnt ihr übrigens die Zufallskämpfe im jeweiligen Abschnitt nach eigenem Gusto aktivieren oder deaktivieren. Da sich diese jedoch fast immer am ende des jeweiligen Abschnitts befinden, fällt diese Funktion nicht sonderlich stark ins Gewicht. Es sei denn man will den Abschnitt später erneut aufsuchen. Wer sich verskillt hat braucht übrigens keine Panik schieben, weil man in jedem Hotel einen NPC findet, der die verteilten Skillpunkte zurücksetzen kann. Dies erlaubt euch ferner mit den Fähigkeiten zu experimentieren, um die beste Taktik auszutüfteln.

Damit wäre dann auch fast alles erläutert. Zu erwähnen ist jedoch noch, dass das Spiel etwas arg linear ausfällt. Die Handlung ist in fünf Kapitel eingeteilt und wenn man z. B. die Sidequests aus Kapitel 1 nicht in Kapitel 1 löst, hat man später keine Gelegenheit mehr diese nachzuholen. Da ändert auch das Luftschiff nichts dran, welches man im letzten Kapitel erhält – ziemlicher Bullshit wenn ihr mich fragt! Besonders ärgerlich ist es bei der Hearts-Deck-Sidequest. Dreizehn Spielkarten soll man im Verlauf des Spiels einsammeln, nur blöd, dass sich einige von denen in One-Time-Areas befinden. Wenn man also eine Karte übersehen hat, hat man Pech gehabt. Aber egal, immerhin gibt’s ne obligatorische Kampfarena inklusive obligatorischen einarmigen Banditen zum austoben. Ach ja, bevor ich’s vergesse: Wenn ihr, wie ich, auf Hard spielt und versucht alle Sidequests zu lösen sitzt ihr ungefähr 28-30 Stunden an Deadly Sin 2 dran. Eine befriedigende Spieldauer wie ich finde.

 

Grafik, Sound und weiteres

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Wie in jedem RPG Maker VX (Ace)-Spiel müsst ihr mit Auflösungsstufe 640×480 vorlieb nehmen. Was selbsterstellte Grafiken anbelangt, bekommt ihr im Kampfscreen animierte Sprites der vier Hauptcharaktere zu Gesicht, was ziemlich cool ausschaut. Auch die Gestaltung der Charaktere und NPC’s in den Maps entspricht nicht der VX-Norm. Für die fünf Hauptcharaktere hat man ferner individuelle Artworks im Anime/Manga-Stil erstellt. Schön finde ich auch, dass man für die fünf Figuren in den Textboxen wechselnde Portrait-Artworks für unterschiedliche Gemütslagen bietet, auch wenn man diese nicht auf Anhieb erkennt, da sie zum Teil sehr subtil sind. Abgesehen davon entspringen alle Grafiken (Tilesets, Monsterartworks usw.) dem zugrunde liegenden Maker-Bausatz.

Chefdesigner Phil Hamilton zeichnete sich auch hier schon für den OST verantwortlich. Der gesamte Soundtrack ist also eine Eigenkreation und wertet das Spiel gewaltig auf! Hamiltons Stil klingt gewohnt pompös und homogen. Unabhängig davon hat mir der OST in Deadly Sin 2 jedoch deutlich besser gefallen als in Skyborn. Also gibt’s diesmal einen uneingeschränkten Daumen nach oben.

Etwas was mir stellenweise negativ aufgefallen ist, sind kleinere Schreibfehler im englischen Text. Wirklich im Gedächtnis hängen geblieben sind mir jedoch nur die Buchstabendreher in Siegfrieds Namen, der Gute wird dann mal gerne als Siegfreid oder Seigfried bezeichnet. Gerade beim Namen eines der Hauptcharaktere hätte man sich doch etwas mehr Sorgfalt gewünscht. Abgesehen davon hab ich aber nichts weiter zu meckern.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
78
78
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Das Bundle-Paket in dem ich Deadly Sin 2 erworben hatte war ein echter Glücksgriff! 10 oder 5 € für ein digitales Maker-RPG wären mir definitiv zu viel, aber mangelnde Qualität oder eine zu kurze Spieldauer kann man diesem Titel sicherlich nicht vorwerfen. Was jedoch wirklich nervt sind die Zufallskämpfe, die meiner Meinung nach in kommerziellen Maker-RPG's nichts mehr verloren haben. Andere Spiele wie eben der Nachfolgetitel Skyborn haben gezeigt, dass es diese einfach nicht mehr braucht. Unterm Strich gehört Deadly Sin 2 aber definitiv zu den besseren Vertretern seiner Nische, zumal es auch schon einige Jährchen auf dem Buckel hat. Greift zu wenn ihr mit dem Preis einverstanden seid.

- Von  Volker

MS Windows

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USK 1 PEGI 1

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