The Walking Dead Season 3: A New Frontier – Dem Galgen entkommen REVIEW

Die Mauer ist durchbrochen, die Untoten dringen in Richmond ein und der Streit zwischen den beiden ungleichen Brüdern Javier und David findet seinen Höhepunkt – die fünfte und damit letzte Episode der dritten Staffel von Telltale´s The Walking Dead führt zu Ende, was in den bisherigen Spielstunden nach und nach aufgebaut wurde. Doch führen die Adventure Spezialisten die einzelnen Bausteine auch stimmig zusammen? Und kann die finale Episode Dem Galgen entkommen den Gesamteindruck der eher mauen Staffel etwas anheben?

 

Finale ohne Finalstimmung

Die finale Episode der dritten Staffel enttäuscht mit vorhersehbaren Wendungen und altbackenen Kniffen.

Diese Frage muss ich leider verneinen. Für mich unterstreicht Dem Galgen entkommen endgültig, was sich schon lange angebahnt hat: Telltale muss etwas ändern. Daran, wie sie eine Story angehen, erzählen und zu Ende führen. Daran, wie sie spielerische Mechaniken in ihre auf Narration ausgelegten Werke einfügen. Und vor allem die Technik muss endlich einen gewaltigen Sprung nach vorne machen, denn die altbackene Grafikengine wirkt sich mittlerweile derart stark auf Inszenierung und Glaubwürdigkeit aus, das diese eigentlichen Stärken arg leiden.

Stell euch folgendes Bild vor: eine von meterhohen Mauern befestigte Stadt wird von hunderten, vielleicht sogar tausenden Untoten überrannt, Menschen fliehen um ihr Leben und sterben reihenweise. Unter den noch Lebenden herrscht blanke Angst und Verzweiflung. Herr der Lage werden schließlich 5 Personen (!!!), drei davon auf Pferden und lediglich mit angespitzten Stöcken bewaffnet, zwei auf einem Bulldozer. Die zuvor dargestellte, in einer Szene sogar recht eindrucksvoll inszenierte Bedrohung wird vollkommen ad absurdum geführt, die aus der Ferne als riesige Herde dargestellte Zombiewelle in unmittelbarer Nähe der Protagonisten auf ein gutes Dutzend Zombies runtergebrochen. So geschehen in Dem Galgen entkommen. Wie soll ich das noch ernst nehmen? Wie soll ich da mit den Charakteren mitfiebern?

 

5 vor 12


Zwar überzeugen Clementine und Javi, doch andere Figuren sind einem ziemlich egal.

 

Für die fünfte und letzte Episode der dritten Staffel von The Walking Dead spielt Telltale mit den bekannten Mustern, Kniffen und Ausgängen. Der Konflikt zwischen den Brüdern Javier und David entlädt sich endgültig, zwischen beiden steht die Familie der beiden. Der Ausgang dieses Konflikts ist so vorhersehbar, wie das kitschige Happy End dieser Staffel. Emotionale Fallhöhe? Fehlanzeige. War The Walking Dead gerade in der genialen ersten Staffel noch unvorhersehbar und überraschte mit mutigen Wendungen, so zeichnet sich in der dritten Staffel fast schon die Resignation der Storyschreiber ab, etwas neues zu probieren und der Handlung emotionales Gewicht zu verleihen.

Dabei hatte diese Staffel einige gute Momente und Figuren. Die Spielern bestens vertraute Clementine trat zwar nur als Nebenrolle auf, wurde jedoch stimmig weiterentwickelt. Javier als neuer Protagonist hat Kanten und Ecken und ich hatte durchaus meine Freude daran ihn im Laufe der fünf Episoden zu formen. Insbesondere die Liebesgeschichte zwischen Javi und seiner Schwägerin Kate hat ich emotional investiert. Der ganze Rest aber? Der war mir ziemlich egal. So egal, wie in keiner anderen Staffel von The Walking Dead. So egal, wie in keinem anderen Spiel aus dem Hause Telltale. Und das kommt so ziemlich einem Todesstoß nahe, bedenkt man, das die Ausarbeitung der Figuren und ihrer Beziehungen zueinander einst die große Stärke der Telltale Adventures war.

Das Finale versinkt vor allem in viel Gelaber, huscht schließlich die einzelnen Storystränge ab und führt sie mehr schlecht als recht zusammen, einige Nebenfiguren werden – zumindest in meiner Geschichte – fast schon nebensächlich getötet. In inszenatorischer Hinsicht sind zwar gute Ansätze zu erkennen, doch macht die Technik mit ihrer veralteten Grafik dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung. Wie soll denn Spannung aufkommen, wenn Javi auf einem Bulldozer durch Zombies pflügt, dabei mit der AK einzelne Untote abwehrt und ich als Spieler abwechselnd die Q und E-Taste drücke? Das ist so bieder und so langweilig, das ich mich tatsächlich durch die Episode gequält und gehofft habe, sie findet endlich ein Ende.

 

Stillstand


Gerade die unzufriedenstellende Technik bremst Inszenierung und Atmosphäre enorm aus.

 

Es ist mir einfach unbegreiflich, wie ein Studio mit so vielen Lizenzspielen wie Telltale nicht Willens ist und das Geld in eine neue Engine investiert. Zwar wird das grafische Gerüst immer mal wieder überarbeitet, doch das reicht längst nicht mehr aus. Die Charaktere wirken in ihren Animationen und Gestiken mittlerweile zu hölzern und zu stark wie Figuren aus einem Videospiel, als das ich sie als menschliche Personen wahr nehmen kann. Immerhin sind mir in der fünften Episode keinen grafischen Fehler aufgefallen, Abstürze hatte ich in dieser Staffel bisher eben keine.

Was die Leistung der Sprecher angeht, so relativiert sich der Eindruck ein bisschen. Vor allem die Stimmen von Javi und Clementine passen und verleihen den Figuren die nötige Tiefe, die ein solch interaktives Drama benötigt. Die redlichen Sprecher machen ihre Sache ebenfalls durch die Bank weg gut. Und auch die Musik kann man als okay abhaken, nicht mehr, nicht weniger.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
66
66
-
Multiplayer

FAZIT

Dem Galgen entkommen setzt ein erschreckend vorhersehbares und unterm Strich belangloses Ende unter der dritten Staffel von The Walking Dead. Der einstige Mut zu harten Entscheidungen, die einst so starke Bindung selbst zu Nebenfiguren und die einst mitreißende Narration vor allem der ersten Staffel ist längst weggespült und von biederer Langeweile ersetzt. Zwar gibt es immer noch einige Lichtblicke, wie den durchaus stimmigen Hauptcharakter Javi und einige inszenatorische Ansätze. Alles in allem habe ich nun aber endgültig das Interesse an Telltale Adventures verloren, denn die Amerikaner bieten mir nichts neues, nichts frisches mehr, sondern versteifen sich nur noch auf ihre bekannten Mechaniken und sind offenbar nicht mehr in der Lage wirklich mitreißende Geschichten zu erzählen.

- Von  Adrian

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