Shantae: Risky’s Revenge Director’s Cut REVIEW

Sammler horchen auf wenn sie den Namen „Shantae“ hören. Das erste Shantae-Spiel wurde Mitte 2002 auf dem Game Boy Color veröffentlicht und kam damit auch recht spät im Lebenszyklus des GBC’s heraus. Dementsprechend wurden auch nicht allzu viele Stückzahlen produziert. Es sollen gerade einmal 15.000 Exemplare hergestellt worden sein, was schade ist, da Shantae eines der besten GBC-Spiele überhaupt sein soll. Aufgrund dieser Umstände ist Shantae heutzutage das seltenste und teuerste Spiel für Nintendos Game Boy Color. Schon ein loses Modul wird aktuell für locker 300 Euro gehandelt. Wer noch OVP und Anleitung dazu will, muss sogar mit Preisen im vierstelligen Bereich rechnen.

Eine Fortsetzung lies jedoch sehr lange auf sich warten. Das geplante Game Boy Advance-Sequel wurde, mangels Interesse von Publishern, eingestampft. Auch der Versuch eines Shantae-Spiels für den Nintendo DS scheiterte an dieser Hürde. Die Fans des sexy Halb-Dschinn-Mädchens mussten sich bis Oktober 2010 gedulden, ehe die lang ersehnte Fortsetzung Shantae: Risky’s Revenge als Download für den Nintendo DSi veröffentlicht wurde.

Mittlerweile haben die Entwickler von WayForward nicht nur einen dritten und vierten Teil der Shantae-Reihe kreiert, sondern auch einen Director’s Cut von Risky’s Revenge, der unter anderem als PC-Download zu haben ist. Und eben diesen PC-Download schauen wir uns in diesem Review an.

Die Rache einer grimmigen Piratenbraut

Das Halb-Dschinn-Mädchen Shantae lebt mit ihren Freunden und ihrem Onkel, dem Reliquien-Jäger Mimic, in Scuttle Town, einem kleinen Fischerdorf in Sequin Land. Aufgrund ihrer magischen Dschinn-Kräfte mütterlicherseits fungiert sie als offizielle Beschützerin des Dorfes und beschützt dieses hauptsächlich vor den Übergriffen der grantigen Piratenbraut „Risky Boots,“ die seit den Geschehnissen des ersten Spiels zu Shantae’s Erzfeindin geworden ist.

Die jährliche „Relic Hunter Expo“ steht bevor, eine Auktion in der Mimic seine aktuellsten Schatzfunde präsentiert und an die Höchstbietenden verkauft. Durch einen Fehler Mimic’s entpuppt sich das vorgestellte Artefakt jedoch als alte Öllampe, ein Gegenstand den er eigentlich vor der Öffentlichkeit verbergen wollte, da diese Lampe über gefährliche dunkle Kräfte verfügt. Bevor er seinen Fehler gerade bügeln kann platzt aber Risky Boots in die Veranstaltung und lässt die Öllampe mitgehen. Shantae’s erfolgloser Versuch Risky zu stoppen wird obendrein mit ihrer Kündigung als offizielle Beschützerin von Scuttle Town quittiert. Doch so schnell gibt sich eine Halb-Dschinn-Heldin nicht geschlagen. Um die Macht der Öllampe zu reaktivieren benötigt man drei magische Siegel die irgendwo in Sequin Land verborgen liegen. Nun liegt es am Spieler zu verhindern, dass Risky die dunkle Macht der Öllampe entfesselt, aber was genau ist eigentlich die Funktion dieses ominösen Artefakts?

Wie von kinderfreundlichen Hüpfspielen gewohnt, dienen Handlung und Charaktere eher dazu das Abenteuer zu rechtfertigen, statt eine dramatische Story zu erzählen und die Charaktere durch allerlei tragische Ereignisse reifen zu lassen. Risky’s Revenge bietet dann aber doch einiges mehr als die meisten anderen Genrevertreter. Es gibt einige nette Wendungen im Storyverlauf und die skurrilen Charaktere sind nicht nur liebenswürdiger, sondern bieten auch wesentlich mehr Persönlichkeit als jene aus anderen Jump’n’Runs und Plattformspielen. Zudem kann sich das Artdesign wirklich sehen lassen. Shantae selbst ist niedlich und sexy zugleich, womit sie aus meiner Sicht der prägnanteste Jump’n’Run-Charakter überhaupt ist. Und auch die anderen Mädels wie das gutgelaunte Zombie-Mädchen Rottytops oder Piratenschnepfe Risky Boots werden sicherlich ihre Fans finden.
Story und Charaktere wissen zu gefallen und können für ihr Genre voll überzeugen.

Bezaubernde Shantae

Shantae: Risky’s Revenge kann in die Subkategorie der sogenannten Metroidvania-Spiele eingeordnet werden (ein Wortspiel aus Metroid und Castelvania). Das bedeutet in wesentlichen, dass sich die Spielwelt nicht aus einzelnen, voneinander eher unabhängigen Levels zusammensetzt, sondern ein einziges großes Gebiet darstellt, dessen Grenzen lediglich durch die Fähigkeiten der Spielfigur festgelegt werden, die im Verlauf des Spiels nach und nach freigeschaltet werden. Die Aufgabe lautet die drei, im Storybereich genannten, Relikte zu finden. Hierzu gilt es mit den Einwohnern der Spielwelt zu reden und einige simple Item-Fetchquests zu erfüllen, die letztlich dazu dienen den Eingang zu einem Dungeon zu öffnen, wo ein Relikt verborgen liegt und von einem Bossgegner in Beschlag gehalten wird.

Während Shantae Sequin Land erkundet stellen sich ihr natürlich immer wieder Gegner in den Weg, die entweder mit Shantae’s Haarpeitsche oder einem von ihren bis zu neun Zaubersprüchen erledigt werden müssen. Vom klassischen Feuerball bis hin zu explodierenden Wolken wird eine abwechslungsreiche Palette von Zaubern abgedeckt. Das man einen Magiebalken hat, der verhindert, dass man die magischen Künste allzu inflationär einsetzen kann, versteht sich freilich von selbst.

Beseitigte Gegner droppen oftmals Edelsteine, die als Zahlungsmittel für die Zaubersprüche, Heil- und Magietränke, Haargel zur Verbesserung der Haarpeitsche und einigen weiteren nützlichen Utensilien benötigt werden. Um an die richtig nützlichen Zauber und Ausrüstungsstücke heranzukommen, verlangt der in Scuttle Town ansässige Händler jedoch auch Magic Jam (magische Marmelade), die oftmals in schwer zugänglichen Truhen verborgen liegt. Gerade hier kommt dann der „Metroidvania“-Faktor zum tragen, da man sich besser einprägt, wo man die Schatztruhe gesehen hat, an die man anfangs halt noch nicht herankommt.

Um in zunächst unzugängliche Ortschaften vorzustoßen, erwirbt Shantae im Verlauf des Spiels drei verschiedene Verwandlungsformen. Mithilfe ihres Bauchtanzes kann sie sich anschließend in ein flinkes kleines Äffchen, einen kräftigen Elefanten und eine Tiefsee-taugliche Meerjungfrau verwandeln, die ihrerseits neue Fähigkeiten erwerben müssen, um an richtig trickreiche Stellen zu gelangen. Als Äffchen ist unser Halb-Genie zwar wehrlos, kann aber besser springen und an glatten Wänden hochklettern und sich später wie ein Kugelgeschoss von Wänden abstoßen. Als Elefant ist sie kräftig und kann lästige Blöcke kaputt rammen und später sogar mit einer Stampf-Attacke zermalmen. Als Meerjungfrau kann Shantae tauchen und später Wasserblasen-Projektile verschießen, was gegen ende des Spiels auch für eine simple Shoot’em Up-Passage verwendet wird.

Die Steuerung arbeitet in Risky’s Revenge superflüssig und 100 %ig zuverlässig. Jeder eingesteckte Treffer liegt allein beim Spieler begründet. Einzige Ausnahmen stellen jedoch einige der Bossgegner dar, die nicht nur viel aushalten, sondern auch mit einigen fiesen Angriffsmanövern aufwarten, denen nur schwer beizukommen ist. Wenn ich von Steuerung rede, meine ich übrigens die Tastatur-Steuerung, denn die Pad-Steuerung beschränkt sich auf den Support von Xbox 360-Controllern. Wer, wie ich, einen Controller von einem Dritthersteller nutzt hat Pech gehabt. Glücklicherweise darf man die Tastatur-Steuerung selbst konfigurieren und diese funktioniert ja auch, wie gesagt, richtig gut.

Weniger gut gelungen sind jedoch etwaige Schwächen die das Metroidvania-Konzept mit sich bringt. Größter Mangel in Risky’s Revenge ist definitiv das penetrante Backtracking. In der Spielwelt wurden zwar diverse sogenannter „Warp Squids“ verteilt, von denen man sich zu jedem bislang freigeschalteten Warp Squid hin- und herteleportieren kann, doch ist deren Nutzen stark eingegrenzt, da sie nicht wirklich optimal in der Spielwelt platziert wurden. Erschwerend zu dieser Problematik kommt das Gegner-Respawning hinzu. Das macht aufgrund der eventuellen Notwendigkeit Edelsteine zu grinden zwar Sinn, nervt aber trotzdem. Und je weiter man im Spiel vorankommt, desto mehr Feinde kreuzen in der Spielwelt auf, wodurch die Latscherei nochmals stressiger ausfällt. Sobald man den Abspann betrachtet, wird auch klar warum einem diese Steine in den Weg gelegt werden, Risky’s Revenge ist nämlich ein recht kurzes Vergnügen. Selbst wenn ihr gründlich spielt, werdet ihr nach maximal sechs Stunden Risky Boots‘ Rachepläne vereitelt haben. Eine Problematik die auch im sehr niedrigen Schwierigkeitsgrad begründet liegt. Shantae’s Energieleiste zeigt zwar nur drei Herzen an, doch kann sie wesentlich mehr einstecken als nur drei Treffer, bevor sie Hopsgeht und der letzte Spielstand geladen werden muss (die Speicherpunkte sind übrigens in fairer Regelmäßigkeit vertreten). Außerdem kann man die Energieleiste durch permanente Power-Ups verlängern und bis zu neun Heiltränke mit sich führen, die sehr günstig zu erwerben sind und pro Trank die komplette Herzleiste regenerieren. Selbiges gilt auch für Magietränke und den Magiebalken. Selbst der Sturz in Abgründe wird lediglich durch Energieverlust bestraft. Und ein Großteil der Jump-Passagen ist ohnehin sehr einfach zu bewältigen.

Erst wenn man das Spiel durchgespielt hat, schaltet man den Director’s Cut spezifischen „Magic Mode“ frei, in dem Shantae ein neues Outfit bekommt, welches zwar den Verbrauch der Magieleiste halbiert, dafür aber auch den eingesteckten Schaden verdoppelt. Es wäre cleverer gewesen, wenn man diesen etwas anspruchsvolleren Spielmodus von Beginn an zur Verfügung stellen würde. Profis die eine Herausforderung suchen, werden mit Shantae: Risky’s Revenge jedenfalls nicht glücklich werden. Wer hingegen einfach nur Spaß haben und mit einem ebenso niedlichen wie mächtigem Halb-Dschinn-Mädchen eine kleine aber feine Welt in Metroidvania-Struktur erforschen möchte, der darf bedenkenlos zugreifen.

Grafik, Sound und weiteres


Grafik: Risky’s Revenge erschien zwar erst gegen Ende 2010, erinnert in grafischer Hinsicht aber sehr stark an ein Game Boy Advance-Spiel. Dies liegt wohl daran, dass das Spiel auf den Knochen des gescheiterten Game Boy Advance-Ablegers errichtet wurde. An und für sich ist das kein Problem, da die Pixelgrafik einfach prächtig aussieht und mit sehr viel Liebe zum Detail geschaffen wurde. Vor allem Shantae’s Animationen bringen eine überraschend erotische Note ins Spiel. Ihre Bauchtanzeinlagen und das Hintern wackeln beim Ducken wird man jedenfalls nicht so schnell vergessen.^^ Natürlich wurden auch die übrigen Charaktere und die Landschaften liebevoll und detailliert designed. 😉

Etwas irritierend sind hingegen die Artwork-Zeichnungen der Charaktere, die in wichtigen Storydialog-Sequenzen verwendet werden. Das Artwork an sich sieht toll aus und passt super zum Spiel. Jedoch werden diese Artworks in HD wiedergegeben, was in Kombination mit der pixeligen Game Boy Advance-Grafik einfach „falsch“ aussieht.

Darüber hinaus empfiehlt es sich auch absolut nicht das Spiel im Fullscreen-Modus zu spielen, da man ansonsten wirklich jeden Pixel einzeln zählen kann und sich die Grafik somit nicht wirklich angemessen genießen lässt. Glücklicherweise gestatten die Menüoptionen das Spiel im sogenannten Classic-Modus umzustellen, was lediglich dafür sorgt, dass der Ausschnitt des Spielbildschirms auf ein erträgliches Maß verkleinert wird.

Sound: Der Soundtrack ist hervorragend gelungen und passt sehr gut zum arabisch angehauchten Setting rund um unsere Bauchtanzende Halb-Dschinn-Heldin. Das Spiel bietet definitiv einen der besseren OST’s zu einem Hüpfspiel und lässt dabei auch einige nette Ohrwürmer springen. Leider hat man es versäumt eine Sprachausgabe beizufügen, die, bei entsprechender Qualität, definitiv dabei geholfen hätte den Spieler tiefer in die Welt von Shantae hineinzuziehen. Ich meine, trotz des Game Boy Advance-Flairs darf man nicht vergessen, dass das Spiel erst 2010 herauskam und da hätte man durchaus eine Sprachausgabe erwarten dürfen.

Sonstiges: Einen Makel möchte ich zum Schluss noch erwähnt haben. Das Spiel startet bei mir stets im Fenster und nicht im Fullscreen. In Hilfeforen heißt es, dass man mit Alt und Enter in den Fullscreen wechseln kann, dies hat bei mir jedoch nicht funktioniert. Ich musste das Fenster also immer so zurecht schieben, dass es möglichst homogen in meinen Desktop einrastet, was leider nicht dabei half die obere Fensterleiste auszublenden. Da ich das Spiel aber sowieso im Classic-Modus spiele, der den Bildschirmausschnitt ohnehin verkleinert, war dieser Mangel für mich nicht so dramatisch. Erwähnt werden muss so etwas natürlich dennoch.

Übrigens ist das Spiel nur auf englisch spielbar, was im Zuge der jungen Zielgruppe nicht so besonders kundenfreundlich ist.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
77
77
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Shantae: Risky's Revenge ist ein schöner Action-Plattformer im Metroidvania-Stil. Wie weiter oben bereits geschrieben, ist das Spiel nicht unbedingt für Profis geeignet – die kleine Shantae ist als Halb-Dschinn einfach viel zu mächtig und kann sowohl kräftig austeilen als auch sehr viel einstecken. Dafür lässt ihre breite Fähigkeiten-Palette, die von ihrer unverwüstlichen Haarpeitsche über neun verschiedene Kampfzauber bis hin zu drei abwechslungsreichen Verwandlungsformen reicht, keine Langeweile aufkommen. Das keine Langeweile aufkommt, liegt leider auch daran, dass das Spiel bereits nach maximal sechs Stunden Spielzeit durchgezockt ist. Man sollte also doch besser zusehen, dass man das normalerweise 10 Euro teure Spiel im Sale erwirbt. Wer ein Herz für sexy Pixelbauchtänzerinnen hat, darf aber auch gerne zum Vollpreis zugreifen. Denn Shantae und ihre Freunde und Feinde gehören sicherlich zu den sympathischsten Charakteren die das Hüpfspiel-Genre zu bieten hat!

- Von  Volker

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Shantae: Risky's Revenge Director's Cut REVIEW

USK 6 PEGI 12

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