Phantasy Star IV: The End of the Millennium REVIEW

Ah ja, Phantasy Star IV: The End of the Millennium. Wenn man die Leute fragt, welches ihr liebstes rundenbasiertes JRPG der 16-bit-Ära ist, wird man aller Wahrscheinlichkeit nach Final Fantasy VI, Chrono Trigger oder vielleicht noch Lufia zu hören bekommen. Ich persönlich beantworte diese Frage jedoch mit Phantasy Star IV, und das, obwohl ich keinerlei nostalgische Bindungen zu diesem Titel habe. Meine erste Gelegenheit dieses Spiel zu spielen, bot sich mit der Sega Mega Drive Collection für die PS2. Später erwarb ich das Spiel dann auch noch als PC-Download via Steam. Ich habe beide Versionen durchgespielt. Insgesamt gesehen habe ich dieses Spiel bereits drei oder vier mal durchgespielt, was wohl sehr gut beweist, wie viel Spaß es mir bereitet.

Phantasy Star IV wurde erstmals am 17.Dezember 1993 in Japan für den Sega Mega Drive veröffentlicht. Zwei Jahre später kam das Spiel dann auch in den europäischen Handel. Wie unschwer zu erkennen, ist es der vierte, und leider auch letzte Teil einer Serie. Spätere Phantasy Star-Titel wandelten sich zu Action-RPGs mit Online-Komponente und bauen auch nicht mehr wirklich auf der Handlung der originalen Quadrology auf, auch wenn sie wohl noch im selben Universum spielen sollen. Doch bevor ich jetzt weiter abschweife, werfen wir doch einfach mal einen Blick in die Handlung von Phantasy Star IV.

 

Alle 1000 Jahre wieder…

Phantasy Star IV spielt 1000 Jahre nach den katastrophalen Ereignissen von Phantasy Star II. Die Bewohner des Algo-Sonnensystems mussten schwere Tiefschläge einstecken. Parma, einer der drei Planeten des Sonnensystems, wurde vernichtet, wodurch der technologische Entwicklungsstand von Algo weit zurückgeworfen wurde. Dinge wie Raumfahrten zwischen den Planeten des Algo-Systems, Roboter und Androiden, Raumstationen oder das Terraforming-Projekt für den Wüstenplaneten Motavia sind längst in Vergessenheit geraten. Und gerade Letzteres hat für die Bewohner Motavias schlimme Konsequenzen: Der Planet entwickelt sich nämlich langsam aber sicher in ein unfruchtbares Ödland zurück und Motavias Fauna wird von Tag zu Tag zahlreicher und aggressiver. Es ist die Zeit der sogenannten „Hunter“, organisierten Söldnern, die für das nötige Kleingeld die notwendigen Drecksarbeiten für Motavias Einwohner verrichten, damit diese in der Lage sind ein halbwegs sicheres Leben zu führen.

Man übernimmt die Rollen der beiden Hunter Alys Brangwin und Chaz Ashley. Erstere hat sich schon längst einen Ruf als beste Hunterin von Motavia erarbeitet. Der junge Chaz hingegen hat erst vor kurzem seine Hunter-Ausbildung bei Alys abgeschlossen, und muss nun beweisen, dass er das Zeug dazu hat, als vollwertiger Hunter an Alys Seite zu arbeiten.

Ihr neuester Auftrag führt die Beiden in die berühmte Akademiker-Stadt Piata. Im Keller der dortigen Universität sind plötzlich Monster aufgetaucht, außerdem informiert sie der Gelehrte Hahn darüber, dass ein Expeditionsteam der Akademie nicht von der letzten Ausgrabung zurückgekehrt ist. Es stellt sich recht schnell heraus, dass diese Ereignisse lediglich Symptome des Treibens eines bösartigen Schwarzmagiers namens Zio sind. Dieser hat mithilfe seiner fanatischen Anhänger schon viel Elend über Motavia gebracht. Können die beiden Hunter und ihre Begleiter diesen Mistkerl stoppen?

Freilich ist dies nur der Einstieg in den epischen Kampf um das Fortbestehen des gesamten Algo-Systems. Kenner der Vorgänger können sich natürlich schon denken, welche dunkle Macht hinter Zio steckt. Aber keine Sorge! Phantasy Star IV hält hinsichtlich der Handlung durchaus einige Überraschungen und Wendungen parat, welche die eigentlich klassische Handlung stets spannend hält und zum konsequenten weiterspielen motiviert. Der stark ausgeprägte Science-Fiction-Aspekt, welcher für das Genre der JRPGs ja eher unüblich ist, tut sein übriges, um das Interesse wach zu halten.

Und dann sind da freilich noch die sympathischen Charaktere. Insgesamt gibt es 11 spielbare Charaktere, die alle ihre eigene Persönlichkeit mitbringen und die Chemie der Gruppe somit wunderbar am laufen halten. Besonders schön ist es, dass man die Marotten der Protagonisten und die Länge der Dialogsequenzen immer auf einem vernünftigen Level hält. Charaktere die einem auf den Sack gehen oder endlos lange Gespräche, die im Endeffekt zu nichts führen, sucht man in Phantasy Star IV dankbarerweise vergebens (da können sich heutige Rollenspiele eins, zwei Dicke Scheiben von abschneiden). Das heißt jetzt aber nicht, das einem die Charaktere nicht ans Herz wachsen, im Gegenteil! Durch sehr clever aufgebaute Zwischensequenzen, welche die Geschehnisse in kleinen Comic-Paneels darstellen, fühlt man sich immer wieder ins Geschehen hineingezogen und fiebert regelrecht mit den Charakteren mit. Statt das man irgendwelche ellenlangen Textboxen durchliest, bekommt man das Gefühl, man würde einen Comic lesen, was freilich immens dabei hilft sich in die Handlung hineinzuversetzen und sich mit den Charakteren anzufreunden. Ich kenne kein anderes klassisches JRPG, welches diesen Aspekt dermaßen spannend und unterhaltsam umsetzt. Allein in dieser Hinsicht, war Phantasy Star IV der damaligen Konkurrenz weit voraus!
Darüber hinaus gibt es noch einen angemessen umfangreichen und zufriedenstellenden Abspann. Dieser entschädigt nicht nur für den Cliffhanger aus Phantasy Star II, sondern bildet auch einen gelungenen Abschluss rund um den übergeordneten Handlungsstrang bezüglich des Algo-Sonnensystems. Was will man mehr?

 

Ein klassisches, aber komfortables und befriedigendes Spielerlebnis

Die Grundspielprinzipien von Phantasy Star IV unterscheiden sich freilich nicht von denen anderer JRPGs. In Dörfern und Städten spricht man vorrangig mit NPCs um die Handlung voranzutreiben oder Informationen zu erhalten. Dann gibt es dort noch Läden, um sich neue Ausrüstung zu kaufen. Neue Ortschaften erreicht man hier über eine frei begehbare Weltkarte. In Dungeons schlussendlich muss man sich seinen Weg durch labyrinthisch aufgebaute Gänge bahnen, um seinen aktuellen Auftrag zu erfüllen. In diesen Spielabschnitten müssen dann auch oftmals knifflige Bossgegner bezwungen werden. Freilich gibt es in Siedlungen und vor allem in den Dungeons viele Schatztruhen mit nützlicher Ausrüstung oder Geld (wird hier Meseta genannt) zu finden. Darüber hinaus muss man sich auf der Weltkarte und selbstverständlich auch in den Dungeons mit zahlreichen Zufallskämpfen auseinandersetzen. Für beseitigte Gegner erhält man sowohl Erfahrungspunkte, mit denen die Charaktere aufleveln und stärker werden, als auch Geldeinheiten, damit man sich bei Händlern was leisten kann. Wenn man Glück hat, hinterlassen die Gegner auch mal einen Gegenstand fürs Inventar. Dieses ist in Phantasy Star IV übrigens begrenzt. Man kann maximal 40 Gegenstände oder Ausrüstungsstücke mit sich führen. Schwache Ausrüstung, die nicht mehr benötigt wird, sollte also immer schnellstmöglich verkauft werden, damit man genügend Platz im Inventar hat.

Auch das rundenbasierte Kampfsystem arbeitet nach bewährten Formeln. Zu Kampfbeginn hat man die drei Optionen „Command“, „Macross“ und „Run“. Ersterer Befehl ermöglicht es die jeweilige Aktionen der maximal fünf Kampfteilnehmer festzulegen. Neben selbsterklärenden Optionen wie Angriff, Verteidigen und Gegenstand einsetzen, verfügt (fast) jeder Charakter über eine mehr oder weniger individuelle Palette von Techs und Skills. Techs sind die Zauber in Phantasy Star IV und rangieren von diversen Heilungs-Techs über Buffs und Debuffs bis hin zu Angriffs-Techs. Die Skills sind hingegen die Spezialfähigkeiten der Charaktere. Neue Techs und Skills werden in der Regel durch aufleveln freigeschaltet. Bei zwei bestimmten Charakteren, gilt es hingegen neue Skills aus Schatztruhen zu bergen. Diese beiden Charaktere haben im übrigen auch keine Techs zur Verfügung und können nicht mit regulären Heilitems und -Techs geheilt werden. Dafür verfügen sie über spezielle Skills und Gegenstände um sich zu regenerieren.

Der kluge Einsatz von Techs und Skills entscheidet freilich oftmals über Sieg und Niederlage – vor allem in den Bosskämpfen. Natürlich kann man diese Fähigkeiten nicht inflationär einsetzen. Techs erfordern eine bestimmte Menge von Tech-Punkten, während jeder Skill nur eine bestimmte Anzahl eingesetzt werden darf, bevor sich der jeweilige Charakter wieder in einem Hotel oder auf einem Regenerationsfeld regenerieren muss. Verbrauchte Skill-Einsatzmöglichkeiten, sowie die Tech-Punkte können freilich durch aufleveln angehoben werden. Problematisch bei den Techs und Skills ist hingegen, dass es keine Info-Fenster gibt, welche Informationen liefern, was die besagte Fähigkeit denn nun bewirkt. An dieser Stelle ist einfach herumprobieren und Eigeninitiative gefragt. Am besten ihr erstellt euch hierfür eine eigene Liste.

Interessant ist übrigens, dass manche Techs und Skills miteinander verschmelzen können, um dadurch eine einzelne besonders mächtige Wirkung zu erzielen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die jeweiligen Charaktere ihre kombinierbaren Techs/Skills nacheinander einsetzen. Und an dieser Stelle kommt dann auch der oben genannte Macross-Befehl ins Spiel. Für sich gesehen ist Macross eigentlich nur eine Auto-Battle-Option (wobei solche ein Option für damalige Verhältnisse schon ein Luxus war). Das Besondere hierbei ist jedoch, dass man jeden Befehl für den Auto-Battle selber festlegen darf, sowie in welcher Reihenfolge die Charaktere agieren sollen. Hierdurch wird es freilich erheblich einfacher Tech/Skill-Kombinationen erfolgreich umzusetzen. Außerdem darf man gleich 8 verschiedene Macross-Befehlsketten speichern. Wer keine Lust darauf hat, Tech/Skill-Kombinationen zu entdecken und zu nutzen, kann dieses System übrigens getrost ignorieren. Denn das schöne dabei ist, dass es sich um ein komplett optionales Feature handelt, welches für den erfolgreichen Abschluss des Spiels nicht notwendig ist.
Zu guter Letzt wäre da noch die Run-Option, welche lediglich die Flucht aus dem Kampf ermöglicht (mit einer angenehm hohen Erfolgsquote). Da spätere Dungeons auch mal etwas weitläufiger ausfallen können und die Zufallskampfrate in Phantasy Star IV sehr hoch ausgefallen ist, wird Run durchaus zu einer wichtigen Funktion im späteren Spielverlauf.

Abgesehen von der arg hohen Zufallskampfrate und kleineren Treppchen wie der Inventarbegrenzung, ist Phantasy Star IV jedoch ein äußerst komfortables und spaßig zu spielendes JRPG. Hier ein paar Fakten, um aufzuzeigen was genau ich damit meine:

  • Man erlernt recht früh im Spiel Techs zur sofortigen Flucht aus dem Dungeon oder zur Teleportation in jede bislang besuchte Siedlung.
  • Die Kämpfe treten zwar sehr häufig auf, werden dafür aber auch sehr schnell abgewickelt (auch dank der Macross-Funktion). Die Geschwindigkeit der Kämpfe und Textboxen kann zudem in fünf Stufen reguliert werden.
  • Die Dungeons weisen immer genau den passenden Umfang auf und wirken nie zu lang oder zu verwinkelt.
  • Der Schwierigkeitsgrad wurde sehr gut dosiert. Das Spiel wirkt zwar relativ leicht, erzeugt durch seine Mechaniken aber dennoch einen gesunden Druck beim Spieler. Und spätestens bei den Bosskämpfen ab dem zweiten Spieldrittel sollte man schon wissen was man treibt.
  • Dämliche Fillerquests und belanglose Gespräche sind quasi nicht vorhanden, wodurch man nie das Gefühl hat, das Spiel würde die Zeit des Spielers verschwenden.
  • Tatsächlich ist Phantasy Star IV in ca. 20 Stunden durchgezockt. Das mag für ein JRPG zwar recht kurz wirken, dennoch hat man am Ende des Abenteuers ein weitaus befriedigenderes Gefühl, als bei vielen anderen, wesentlich längeren Genrevertretern.
  • Das heißt jetzt aber nicht, dass es im Spiel keine optionalen Sidequests und Bonus-Dungeons gibt – im Gegenteil. Ihr werdet überrascht darüber sein, wie viele optionale Gebiete das Spiel parat hält. Und als Hunter hat man freilich auch Zugriff auf ein paar optionale Gildenaufträge.
  • Es gibt keine Speicherpunkte. Auf der Weltkarte oder in den Siedlungen darf man jederzeit nach eigenem Ermessen in drei Saveslots speichern.
  • Und dann haben wir freilich noch eine gewohnt unkomplizierte Steuerung nach bewährtem JRPG-Standard.

So, ich denke damit habe ich klar gemacht, warum Phantasy Star IV so toll ist und zu den besten Vertretern seines Genres gehört. Dabei habe ich die größte Stärke des Spiels noch nicht mal angesprochen, aber dazu kommen wir jetzt.

 

Grafik, Sound und weiteres


Das was mich bei Phantasy Star IV zu Beginn am meisten beeindruckt hat, war die todschicke, sehr detaillierte Spritegrafik. Die Maps leisten sehr gute Arbeit die jeweilige Szenerie zu porträtieren. Ob nun die Wüsten- und Ödlandgebiete auf Motavia, die harschen Eiswüsten auf dem Planeten Dezolis, hochtechnologische Fabrikanlagen und Raumstationen, alte Gemäuer … Es wurde halt alles sehr überzeugend umgesetzt. Und dann sind da noch die Charaktersprites in den Maps. Normalerweise setzen altmodische JRPGs ja auf knuffige „Super Deformed“ Kopffüßer, oder wie auch immer man diesen Stil nennt. Phantasy Star hingegen setzte bereits im ersten Serienteil auf eher realistische Proportionen, was der Serie freilich schon immer zu einem eigenständigen Look verhalt. Zwar wirken diese Charaktermodelle nicht ganz so verspielt und detailliert wie von anderen Titeln gewohnt, aber mir gefällt das Konzept von Phantasy Star trotzdem sehr gut.

Aber genug um den heißen Brei geredet: Highlights im Spiel sind freilich die Kampfscreens, sowie die bereits genannten Comic-Paneels in den Zwischensequenzen. Man betrachtet den Kampfscreen nicht von der Seite, sondern von einer Frontalansicht auf den Gegner bzw. die Rücken der Helden. Wenn einer der eigenen Charaktere zur Tat schreitet, dann sieht man zum Beispiel wie er dem Gegner eins mit dem Schwert überzieht oder einen Zauber wirkt. Die Gegner hingegen sind keine starren Bilder, sondern weisen konstante, kleine Animationen auf. All dies lässt die klassischen Rundenkämpfe überraschend dynamisch wirken. Am tollsten sind aber die detaillierten und abwechslungsreichen Gegnersprites und Hintergrundgrafiken im Kampfscreen. Man kann sich einfach nicht daran satt sehen, so gut sieht das aus! Die Comic-Paneels setzen freilich auf den Manga-Stil. Der Zeichenstil von Phantasy Star IV wirkt aus heutiger Sicht zudem richtig schön Retro, was sogar noch mehr Pluspunkte einbringt. In grafischer Hinsicht ist das Spiel ein wahres Fest für jeden Retro-Fan.

Der Soundtrack ist da hingegen eine eher zwiespältige Angelegenheit. Positiv zu erwähnen ist zunächst einmal, dass der OST einen eigenständigen Stil verfolgt. Es handelt sich also nicht um ausgelutschtes 08/15-Fantasy-Gedudel. Stattdessen setzt man oftmals auf ungewöhnlich raue, technisch-futuristische Stücke, welche jedoch ziemlich gewöhnungsbedürftig sind und definitiv nicht jedem gefallen werden. Abseits der schroffen Kampfmelodien gibt es freilich auch angenehmere Tracks für Städte und Weltkarte, dennoch sollte man keinen Soundtrack erwarten, den man sich auch außerhalb des Spiels gerne anhört.

Zum Schluss noch eine kleine Warnung für die Steam-Download-Version von Phantasy Star IV. Sega hat sich leider einen mittelprächtigen Emulator für Steam ausgesucht, der immer wieder für sehr nerviges Lagging sorgt. Am Spiel an sich liegt dies jedoch nicht, denn die Version auf der Sega Mega Drive Collection für die PlayStation 2 funktioniert tadellos.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
94
94
Super
-
Multiplayer

FAZIT

Auch ohne nostalgische Bindungen konnte mich Phantasy Star IV: The End of the Millennium restlos überzeugen. Es ist schon beeindruckend zu welchen Höchstleistungen die Programmierer hier gefunden haben. Mal abgesehen von der harschen Zufallskampfrate stimmt hier einfach alles. Story, Charaktere, Gameplay, Komfort … Es fügt sich einfach alles wunderbar zusammen und erzeugt eines der besten, wenn nicht sogar das beste JRPG der 16-bit-Ära. Ein absoluter Pflichtkauf für jeden Genrefan – zumal das Spiel für viele verschiedene Systeme zu haben ist.

- Von  Volker

MS Windows

Phantasy Star IV: The End of the Millennium REVIEW

USK 0 PEGI 3

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