Neugier – Umi to Kaze no Kodō REVIEW

Neugier – Umi to Kaze no Kodō war eines der früheren Abenteuer-Spiele für den Super Famicom/SNES. Das Game erschien Ende März 1993 in Japan, und sollte unter dem Namen „The Journey Home: Quest for the Throne“ sogar einen US-Release erhalten. Allerdings wurde der hierfür zuständige US-Publisher zuvor von Sega aufgekauft, und die wollten wohl nicht, dass die US-SNES-Bibliothek weiteren Zuwachs bekommt. Allerdings bekam Neugier bereits Mitte 2001 eine Fantranslation von jemanden namens Haeleth. Dieser hat sein Übersetzungsprojekt bis zum Februar 2006 weiterverfolgt, um den Patch zu perfektionieren. Das Ergebnis trägt den cleveren Namen Neugier – The Journey Home. Ein Name, der doch etwas leichter von der Zunge geht als die japanische Version. Oh, und bevor ihr fragt: Das deutsche Wort „Neugier“ im Titel hat keine tiefere Bedeutung. Da haben die japanischen Entwickler von Wolf Team (u.a. Tales of Phantasia, Tales of Destiny 1 und 2) wohl einfach einen exotischen Namen im Wörterbuch herausgesucht.

Na dann wollen wir mal gucken, ob Haeleths Mühe gerechtfertigt war und Neugier mit seinen damaligen Konkurrenztiteln in Form von Zelda 3, Soul Blazer und Ys III mithalten kann.

Typische Ys-Storyschemata, nur leider ohne das epische Sagengut

Im Königreich Maldolor liegt ein Land namens Neugier. Dieses wird von Count Wein regiert, der Jahre zuvor seinen eigenen Sohn „Duke“ aus nicht näher erläuterten Gründen verbannte. Duke ist seitdem ein Reisender, der ähnlich wie sein rothaariger Genre-Kollege Adol Christin die Welt bereist um aufregende Abenteuer zu erleben. Eines Tages kommt Duke zu Ohren, dass die Küste seines Heimatlandes von grausamen Piraten tyrannisiert wird. Diese sollen von einer bösen Hexe angeführt werden. Duke fackelt nicht lange und setzt mit einem Segelschiff nach Neugier über, um zu überprüfen, ob zu Hause alles in Ordnung ist. Natürlich wird sein Schiff von den Piraten attackiert, was unseren Schwertkämpfer zum Gegenschlag zwingt. Tatsächlich wird das Pack von einer Hexe und einem fiesen Magier namens Ord angeführt. Duke hat keine Chance gegen die Hexe, welche sich als mächtige Sirene mit entsprechend schädlichem Gesang entpuppt. Aber er hat Glück im Unglück, denn die Sirene scheint sich in ihn verknallt zu haben und verschont sein Leben. Für die Kontaktaufnahme mit unserem Helden tarnt sie sich jedoch als hübsches Menschenmädel namens Secia, und fordert Duke dazu auf Neugier zu verlassen. Dieser lässt sich jedoch nicht so leicht abwimmeln und findet recht bald heraus, dass sowohl sein eigener Vater, als auch die eigentlich gutmütige Secia unter der Kontrolle zweier fieser Magier stehen. Wird Duke in der Lage sein seine Lieben zu retten?

Es ist ein unspektakulärer Plot rund um machtgeile Individuen, welche eine uralte, gefährliche Macht entfesseln, die außer Kontrolle gerät. Freilich taucht der schwertschwingende Held auf, um den Tag und das hübsche Mädel zu retten. Dieses Schema kannte man schon damals aus den Ys-Spielen und dürfte entsprechend wenig Eindruck geschindet haben. Anders als bei Ys fehlt obendrein das epische Sagengut und der allgemeine „Sense of Wonder.“ Man erfährt fast nichts über die Welt in der Neugier stattfindet. Verdammt, man erfährt ja noch nicht mal, warum Duke aus seinem Heimatland verbannt wurde. Obendrein nervt das Spiel mit einem forciert traurigen Ende. Es sollte nicht überraschen, dass es das Spiel nicht zu einem Sequel geschafft hat. Das liegt aber nicht nur an der mauen Story, sondern auch am Gameplay.

Quickies sind unbefriedigend

Neugier ist ein Top-Down Action-Adventure mit einigen marginalen RPG-Elementen. Es gibt keine nennenswerten Optionen, außer, dass man ein gespeichertes Spiel laden kann, wofür zwei Speicherslots zur Verfügung stehen. Man darf übrigens überall speichern, allerdings wird man beim laden eines Speicherstandes grundsätzlich zum Anfang des jeweiligen Levels zurückgeworfen. Charakterverbesserungen werden hierbei jedoch beibehalten, weswegen selbst bei einem Ableben immer ein gewisser Spielfortschritt zu verbuchen ist. Und ja, das Spiel ist in Level aufgeteilt. Insgesamt bietet Neugier 6 Stages, welche man selbst beim ersten Spieldurchlauf in ca. 3 Stündchen durchgezockt haben sollte. Für sein Genre ist das Spiel verdammt kurz! So kurz sogar, dass man sich verarscht vorkommt und die Speicherbatterie wie Verschwendung anmutet.

Aber wie dem auch sei. Man scheucht Duke also aus der Vogelperspektive durch Levelkarten, welche entweder linear oder labyrinthisch aufgebaut sind, verkloppt die Gegner in Echtzeit und bewältigt einige Jump-Passagen, für die auch ein Greifhaken bereitsteht. Besagter Greifhaken wurde auch wirklich nur für diesen Zweck konzipiert und richtet keine Schäden beim Gegner an. Er wird benutzt, um Dukes Sprungweite leicht zu vergrößern oder bewegliche Platformen heranzuziehen. Man kann ihn auch nutzen um bestimmte Umgebungsobjekte zu schleudern und somit zu zerstören.

Die Steuerung in Neugier ist angenehm flott und geht butterweich von der Hand. Lediglich die Jump-Passagen können nerven, da die Top-Down-Grafik von Neugier nicht auf die Jump-Passagen ausgerichtet wurde. Es fällt oftmals schwer die Kanten für die Sprünge abzuschätzen und Dukes Schattenwurf wirkt manchmal irreführend. Aber wer am Ball bleibt, kommt immer voran, denn netterweise gibt es keine tödlichen/schädlichen Abgründe in Neugier. Backtracking ist die einzige Strafe für einen versemmelten Sprung.

Der Kampf ist absolut simpel gehalten. Mehr als dumpfes Hauen und Stechen sollte man nicht erwarten. Duke verfügt lediglich über zwei Angriffsmanöver. Den Angriff vom Boden, und aus dem Sprung heraus. Ja, das wird vom Spiel als zwei verschiedene Angriffsvarianten gewertet, welche separat voneinander aufleveln. Je mehr Gegner der Duke mit seinen Angriffen verletzt, desto mehr unsichtbare Erfahrungspunkte kassiert er für die jeweilige Angriffsvariante. Die Angriffslevel werden in Form der Anzeigen „JA-Level“ (Sprunganriff) und „SA-Level“ (Bodenangriff) am oberen Bildschirmrand dargestellt. So ein Level-Up kann auch tatsächlich einen großen Unterschied machen, also sollte man schon zusehen, dass man jeden Feind verkloppt, der einem in den Weg kommt. Da die Gegner respawnen, wenn man den Screen verlässt, steht auch dem Grinding nichts im Wege.

Besagte Gegner sind entweder völlig hirntod und entsprechend schnell weggeputzt (das trifft sogar auf einige Bossgegner zu), oder aber derart nervig, dass der Kampf gegen sie zur Qual verkommt. Besonders fliegende Monster nerven, da sie im Uhrzeigersinn, um Duke herumfliegen. Am schlimmsten sind jedoch die Ninjas, welche wie von der Tarantel gestochen durch die Gegend springen und somit nur sehr schwer zu treffen sind. Wirklich gelungen und spaßig sind nur die Kämpfe gegen die Bosse aus Stage 4 und 5. Und die Hirntod-Gegner kann man zumindest schnell und unkompliziert weghacken.

Duke verfügt auch über einen recht ordentlichen Heilbalken und kann somit einige Treffer wegstecken, bevor er draufgeht. Freilich sollte man den Tod vermeiden, da man ja ansonsten die Stage von Vorne bestreiten muss (wenn auch mit den bis Dato verdienten SA/JA-Leveln). Zur weiteren Unterstützung hinterlassen bestimmte Gegner nützliche Gegenstände. Auch jene Objekte, welche mit dem Greifhaken zerdeppert werden können, beherbergen manchmal Gegenstände. Diese Fundstücke umfassen Heilgegenstände (diverse Nahrungsmittel), Status-Upgrades für den Heilbalken (ein rotes Herz), temporäre Unverwundbarkeit (ein Kelch) und sogar ein Downgrade, welches temporär die Angriffe lahmlegt (Fliegenpilz). Am nützlichsten ist jedoch der Zaubertrank, welcher als Extraleben fungiert und den kompletten Heilbalken auffüllt, wenn dieser auf Null fällt. Im Spiel sind sogar drei Ausrüstungsgegenstände versteckt, welche Verteidigungs- und Angriffskräfte verbessern (Ring, Panzerhandschuh und Armreif). Diese kann man dann per Tastendruck durchschalten.

Tja, und damit ist dann eigentlich auch schon alles gesagt. Das Einzige was noch erwähnt werden kann, ist das Spieler-Ranking, welches man nach den Credits zu sehen bekommt. Je nachdem wie schnell man Neugier durchgezockt hat, bekommt man einen von insgesamt 21 Rängen. Je schneller man war, desto höher ist die Platzierung. Wenn man das Spiel kennt, kann man es durchaus in unter einer Stunde durchzocken. Neugier bietet also zumindest für harte Speedrunner eine nette Herausforderung. Alle anderen haben aber interessantere Abenteuer-Spiele zur Auswahl.

Grafik und Sound

Grafisch kann Neugier nichts herumreißen. Das Spiel sieht generell sehr langweilig aus und grafische Highlights, welche diesen Umstand ausbügeln könnten, sind extrem selten. Einige Bossgegner-Sprites sind ganz nett und im fünften Level gibt es einen hübsch gestalteten Brückenabschnitt, aber mehr wollte nicht herausstechen. Die Locations der sechs Level wirken auch etwas trocken. Ein Segelschiff, eine Standard-Höhle, ein karg eingerichtetes Schloss, eine Standard-Ruine, die Dächer des Schlosses und die obligatorische magische Dimension. Ok, die letzten beiden Level wirken schon etwas bemüht, aber vergleichbare und ältere Abenteuer-Spiele bieten einfach mehr fürs Auge. Die Grafik von Neugier ist schlicht und einfach langweilig.

Etwas besser schneidet da schon der Soundtrack ab. Das Titelthema verfügt durchaus über einen geringen Ohrwurmcharakter und auch die übrigen Ingame-Tracks sind ganz launig. Es ist zwar nichts dabei, was zu Jubelrufen verleitet, aber es wird zumindest ein solider, um nicht zu sagen guter OST geboten.

Etwas seltsam ist hingegen die völlig beliebige Auswahl einiger Gegner. Wieso lungern in einem mittelalterlichen Schloss Ninjas herum? Warum nerven mich übergroße Geier auf den Dächern eben dieses Schlosses? Woher kam plötzlich die Bossgegner-Riesenspinne im vierten Level? Da steckt absolut kein Plan dahinter. Man hat häufig nur ohne Sinn und Verstand x-beliebige Gegner in den Locations platziert. Zumindest die Ninjas hätten nicht sein müssen.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
55
55
-
Multiplayer

FAZIT

Welch Ironie. Was wohl als Sabotageakt von Sega gedacht war, hat sich letztendlich als Segen entpuppt. Neugier - Umi to Kaze no Kodō ist nämlich ein waschechter Langweiler, der in der Form des von Sega gecancelten „The Journey Home: Quest for the Throne“ sicherlich vielen US-Kids das Weihnachtsfest oder die Geburtstagsfeier versaut hätte. Unspektakuläre Story, mittelmäßiges Gameplay und eine langweilige Grafik sind die Markenzeichen von Wolf Teams Beitrag zu Top-Down-Abenteuerspielen für den Super Famicom/SNES. Das Game ist kein Debakel oder so, aber eben definitiv nichts, was man gezockt haben muss. Selbst Anfang 1993 gab es mit Zelda III, Soul Blazer und sogar mit Ys III schon wesentlich bessere Spiele dieser Art zur Auswahl. Und gegen Ende des Jahres kamen in Japan mit Illusion of Time und Secret of Mana sogar richtige Knaller auf den Markt. Was Neugier anbelangt, kann man seine Neugierde also ruhig stecken lassen und sich stattdessen besseren Abenteuerspielen zuwenden.

- Von  Volker

Super Nintendo

Neugier - Umi to Kaze no Kodō REVIEW

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