Leisure Suit Larry: Reloaded 2.0 Gold Edition REVIEW

Nachdem der legendäre Adventure-Entwickler Sierra On-Line (Kings Quest, Gabriel Knight uvm.) bereits 1981 mit dem sogenannten „Softporn Adventure“ versuchte die niederen Instinkte ihrer Kunden zu befriedigen, folgte sechs Jahre später ein weiterer Versuch unter der Leitung von Al Lowe. Das Ergebnis nennt sich Leisure Suit Larry: In the Land of the Lounge Lizards“ und war anno 1987 der Auftakt einer langlebigen Adventure-Reihe. Das Spiel war im prüden US-Amerika natürlich ein recht skandalöses Machwerk und mauserte sich wohl gerade deswegen zum Kult-Klassiker, welcher neben den oben genannten Fortsetzungen auch ein Remake nach sich zog, das dann 1991/92 die Laufwerke von PC DOS und Heimcomputern penetrierte.

Die ursprünglichen Larry-Spiele fanden jedoch nach dem Ableger von 1996 ihr Ende und auch Sierra’s lauwarme 2004er Wiedererweckung in Form einer merkwürdigen Minispiel-Sammlung mit neuem Protagonisten war wohl nicht der Weisheit letzter Schluss. Nach Sierra’s Aus folgte 2009 dann noch ein Spiel von Team 17/Codemasters, welches aber sogar noch schlechter sein soll als das vorherige Machwerk. Es schien als ob der zu kurz geratene Looser Larry Laffer nie mehr zum Zug kommen durfte, aber mit Hilfe der Crowdfunding Plattform „Kickstarter“ riss man den kleinen Kerl im weißen Diskoanzug aus der Rente, um ihn nochmal durch sein allererstes Abenteuer zu scheuchen. 500.000 $ wurden gefordert und mit 655.182 $ locker eingesackt, damit stand dem zweiten Remake von Leisure Suit Larry: In the Land of the Lounge Lizards nichts mehr im Wege, zumal auch der gute alte Al Lowe wieder mit an Bord durfte, der seit dem Ableger von 1996 nichts mehr mit der Serie zu tun hatte.

Mitte 2013 war Leisure Suit Larry: Reloaded dann endlich fertiggestellt, später folgte dann noch mal eine leicht erweiterte und gepatchte Fassung mit dem Namenszusatz 2.0 Gold Edition. Letztere liegt auch diesem Review zugrunde.

Her mit der großen Liebe und weg mit der Jungfräulichkeit

Larry Laffer nähert sich seinem 40ten Geburtstag und ist immer noch Jungfrau und Single. Es wird dringend Zeit diesen Zustand zu ändern! Also schnell die letzten paar Kröten zusammengekratzt und mit dem Flieger nach Lost Wages gedüst um endlich die große Liebe zu finden. In der Stadt angekommen, wird Larry vom Taxifahrer vor Lefty’s Bar rausgelassen. Seine verbliebenen 94 $, das Mundspray gegen seinen chronischen Mundgeruch sowie der Grips des Spielers sind nun Larry’s einzige Verbündeten gegen seine Einsamkeit und Jungfräulichkeit. Erst mal der Bar einen Besuch abstatten, vielleicht gibt’s dort ja leichte Damen bei denen sich erste Erfolge verbuchen lassen?

Tja, und damit wäre dann auch schon die Handlung des Spiels abgewickelt. Das Ziel besteht in der Tat lediglich darin Larry’s Unschuld loszuwerden um anschließend die Frau fürs Leben zu finden. Das ist freilich leichter gesagt als getan, denn niemand nimmt den sympathischen Looser im weißen Diskoanzug wirklich ernst und sein penetranter Mundgeruch sowie seine Naivität machen Larry’s Aufenthalt in Lost Wages (einer Las Vegas Parodie) nicht unbedingt zu einem gemütlichen Spaziergang.

Herzstück des Spiels ist natürlich der frivole Humor, der sich eher an aufgeklärte Erwachsene richtet, weswegen die Altersfreigabe ab 16 Jahre, trotz des charmanten Comicstils, auch absolut Sinn ergibt. Ob man nun versucht an einem widerspenstigen Zuhälter vorbeizukommen, um zu dessen „Angestellten“ einzu… – äähm, ich meine vorzudringen, eine aufblasbare Sexpuppe „bearbeitet“ oder in einer waghalsigen Aktion ein Potenzmittel stiehlt, um mit dessen Hilfe eine Angebetete „aufzuheizen“ – der Humor in Leisure Suit Larry geht definitiv unter die Gürtellinie.;)

Das ist freilich nicht jedermanns Geschmack, aber wer schon immer mal diversen NPC’s sein bestes Stück präsentieren wollte um den virtuellen Schwanzvergleich durchzuführen (den Larry freilich jedes mal verliert) oder an Gemälden von Frauenärschen riechen wollte, um sich einen passenden Spruch des Erzählers zu geben, der kann dies hier in die Tat umsetzen! Wer mit dieser Art des Humors jedoch nichts anfangen kann, der macht besser nen großen Bogen um das Spiel.

Mein Name ist Larry, Larry Laffer, hihi.

In Sachen Gameplay ist LSL: Reloaded ein ganz gewöhnliches Point & Click-Adventure, welches – und das sollte man stets im Hinterkopf behalten – auf dem Knochengerüst eines über 25 Jahre alten Spiels basiert. Fast alle Rätsel wurden aus dem Original übernommen und, wenn überhaupt, nur minimal abgewandelt. Für das zweite Remake wurden freilich auch einige neue Rätsel und Räume sowie ein weiteres Girl zum anbaggern hinzugefügt, aber wirklich neu ist das Spiel nun einmal nicht. Wer also das Original oder das erste Remake gezockt hat, wird die meisten Rätsel wiedererkennen. LSL: Reloaded war glücklicherweise mein erster Berührungspunkt mit Larry Laffer und dementsprechend frisch. Danach habe ich über GoG auch noch das Original und Remake Nr. 1 durchgezockt, um ein tieferes Verständnis für dieses Spiel zu erhalten. Wer die Wahl hat sollte jedoch stets zu „Reloaded“ greifen, da diese Version ohne weiteres die Beste von allen ist, was aber auch nicht verwundern sollte. Aber kommen wir nun zum eigentlichen Thema.

Bevor man ins Spiel einsteigt, kann man ein kleines Tutorialvideo betrachten, wo die Handhabung des Spiels von einer Ingame-Version von Al Lowe präsentiert wird (einige Spieltipps inklusive). Da es dem Produkt an einem Handbuch mangelt, ist diese kleine Einführung aber auch das Mindeste. Weiter geht’s mit einem kleinen Allgemeinwissenstest, der anno 1987 als eine Art primitiver Jugendschutz fungierte, hier aber nur noch aus nostalgischen Jux-Gründen enthalten ist. Es ist egal wie gut oder schlecht man sich bei diesem „Test“ anstellt, sobald man vier Fragen korrekt beantwortet hat darf man spielen. Falsche Antworten haben keine Konsequenzen. Im Zweifelsfall also einfach solange herumraten bis man es hinter sich gebracht hat.

Larry verfügt über mehrere verschiedene Aktionsmöglichkeiten. Diese werden entweder über ein Ringmenü (zum aufrufen linke Maustaste gedrückt halten) oder über die Aktionsleiste am oberen Bildschirmrand angewählt (poppt erst auf, wenn man mit dem Mauszeiger drüberfährt). Alternativ kann man die Aktionen auch mit der rechten Maustaste durchklicken. Unabhängig davon welchen dieser drei Wege man geht, fühlt sich die Point & Click-Steuerung nie so richtig eingängig an, da die Anwahl der unterschiedlichen Aktionen immer einen gewissen Aufwand nach sich zieht, den man von aktuellen Adventures normalerweise nicht gewohnt ist. Abgesehen davon arbeitet die Steuerung aber absolut problemlos.

Larry’s Aktionspalette beinhaltet laufen, anschauen, aufheben/anfassen/greifen, sprechen, riechen/schmecken, Hosenstall aufmachen sowie Gegenstand einsetzen. Das genretypische Inventar lässt sich jederzeit einsehen und erlaubt die gesammelten Gegenstände genauer zu betrachten, zu manipulieren oder untereinander zu kombinieren.

Wie in fast allen Adventures geht es darum mit den zur Verfügung stehenden Aktionen zu experimentieren, Gespräche zu führen und diverse Inventar- und Hotspoträtsel zu lösen, die in LSL: Reloaded erfreulich logisch aufgebaut sind. Taxifahrten und Einkäufe sind freilich mit Geld zu bezahlen und schnorrende Bettler freuen sich über billigen Alkohol. Der Schwierigkeitsgrad in diesem Spiel ist eher niedrig angesetzt. Ich musste nur einmal in eine Lösung schauen, weil ich einen Durchgang in einen anderen Raum nicht gefunden habe, der aber auch sehr schlecht visualisiert war. Und hier sind wir leider bei einem großen Manko angelangt. Obwohl LSL: Reloaded auf Spaß statt auf Hirnverrenkungen setzt, hat man es versäumt eine Hotspot- und Durchgangsanzeige einzubauen. Keine Ahnung was man sich dabei gedacht hat, aber zeitgemäß ist was anderes. Glücklicherweise sind die Gegenstände und Hotspots in der Regel leicht zu erkennen. Pixelhunting ist nicht zu befürchten. Dennoch ein dickes Minus an dieser Stelle.

Weitere Schelte gibt’s für einige Spielelemente, die nach all den Jahren schlichtweg angestaubt sind. So verwendet auch LSL: Reloaded das berüchtigte Geldsystem. Mit den lumpigen 94 $ Startkapital werdet ihr es nämlich gewiss nicht durch das Spiel schaffen. Also muss man sich mit Glücksspiel beschäftigen. Zur Auswahl stehen einarmige Banditen und Blackjack. Freilich besteht hierbei auch die Gefahr zu verlieren, weswegen man vor jeder Zock-Runde speichern sollte, um im Ernstfall auf der sicheren Seite zu stehen. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob es im Spiel einen Failsafe gibt, für den Fall, dass man all sein Geld verliert. Das dieses doofe Money-Grinding in Kombination mit nervigen Save and Load-Sessions alles andere als spaßig ist, versteht sich da freilich von selbst. Ein nicht unerheblicher Teil der Barschaft geht übrigens für Taxifahrten drauf. Auch hier werden die Geduldsfäden des Spielers (und des virtuellen Taxifahrers) mit der Zeit auf die Probe gestellt, denn man muss ja jedes mal erst mal das Taxi rufen, einsteigen, sein Reiseziel auf der Stadtkarte anwählen, die Fahrsequenz betrachten und dann noch den Fahrer bezahlen – kostet alles unnötig viel Zeit. Dennoch ist LSL: Reloaded ein recht kurzes Vergnügen. Selbst wenn ihr, wie ich, ohne Vorkenntnisse reingeht und euch viel Zeit dabei lasst die unterschiedlichen Aktionskombinationen auszuprobieren um euch die unterhaltsamen Sprüche von Larry und dem Erzähler zu geben, werdet ihr das schmuddelige Abenteuer nach maximal 5-6 Stunden durchgespielt haben.

Um zumindest für etwas Langzeitmotivation zu sorgen, wurde auch das Sierra-typische Punktesystem übernommen und ausgebaut. Insgesamt kann man 50000 Punkte verdienen. Ca. 40000 Punkte wird man automatisch kassieren, indem man das Spiel einfach nur durchspielt. Die anderen Punkte sind optional und selbst bei recht gründlichem Spiel nur schwer zu erlangen.

Allzu entdeckungsfreudige Spieler können auch im zweiten Remake den virtuellen Tod erleiden, so wird Larry in dunklen Seitengassen von einem Schläger totgeprügelt oder überfahren wenn er auf die Straße läuft, also aufgepasst! Dies zieht aber keine ernsthaften Konsequenzen nach sich, da man nach dem virtuellen Tod direkt und ohne Nachteile ins Spiel zurückgesetzt wird. Und keine Bange: Sowohl der Sex als auch die Gewalt werden in diesem Spiel scherzhaft-cartoonisch und teils mit witzig eingebauter Zensur behandelt. Wie gesagt geht es hier in erster Linie um Spaß und Humor. Alles andere ist in diesem Spiel eher zweitrangig. Leider ruht sich das Spiel stellenweise zu sehr auf den alten Knochen der Vorläufer der 80er und 90er aus. Die 5 € die ich für die Gold Edition bezahlt habe waren aber dennoch gut angelegt, zumal diese Version auch ein zweites Spiel namens „Neue Abenteuer auf der Schatzinsel“ beinhaltet.

Grafik, Sound und sonstiges

In grafischer Hinsicht richtet sich „Leisure Suit Larry: Reloaded“ eng an „Leisure Suit Larry: Love for Sail!“ jenen Ableger welcher 1996 veröffentlicht wurde und für viele Jahre das letzte Spiel der Reihe war. Das gesamte Spiel präsentiert sich in 2D-Comicgrafik. Das sieht charmant aus und passt halt gut zum grafischen Stil der Serie. Man kann aber auch kritisieren, dass das Spiel gewisse optische Ähnlichkeiten zu diversen Flash-Spielchen hat, die man kostenlos auf Newgrounds und Co. zu spielen bekommt. Auch bei manchen Animationen wurde gespart. Die NPC’s sind nicht gerade die beweglichsten die man kennengelernt hat und die Reifen des Taxis hätten sich schon drehen dürfen. Wirkt also schon etwas billig, was nicht bedeutet, dass die Grafik schlecht wäre. Man sollte jedoch keine Renderbilderpracht erwarten, wie sonst vom Genre gewohnt (hätte aber, wie gesagt, ohnehin nicht zu Leisure Suit Larry gepasst).

Erwähnenswert ist höchstens noch, dass das Artwork der Frauen nicht mehr so ansprechend ist wie jenes aus dem ersten Remake von 1991/92. Dies ist aber der einzige Nachteil von Reloaded im Vergleich zu Remake Nr. 1.

Ein ganz anderes Kaliber ist hingegen der Soundtrack, welcher feinste, chillige Jazz-Musik offenbart. Komponist Austin Wintory hat zusammen mit dem The Late Night Jazz Orchestra hervorragende Arbeit geleistet. Abgerundet wird der OST mit dem Song Tiers of Joy, der von der Schauspielerin Melora Hardin gesungen wird.
Auch die Sprachausgabe kann vollauf überzeugen. Sowohl Larry als auch die NPC’s wurden gut vertont, allerdings bietet das Spiel nur englische Sprachausgabe. Als besonders witzig empfand ich den „Yeah baby“-Jingle, der bei verdienten Punkten eingespielt wird. So wird der Spielfortschritt auch akustisch untermauert.

Das Spiel läuft eigentlich fehlerfrei, aber hier und da sind mir Ladeprobleme aufgefallen, die bei Spielfortschrittsphasen aufgetreten sind. Das Programm hat sich dann immer für ein paar Sekunden aufgehangen. Dieses Problem ist aber erst nach einer mehrstündigen Spielsitzung aufgetreten und mein PC stand an diesem Tag auch unter Dauereinsatz. Vielleicht lag es also auch daran.

Etwas seltsam ist weiterhin die Beschränkung der maximalen Auflösung auf 1600×900 Bildpunkte. Ich habe auch irgendwo gelesen, das die niedrigeren Auflösungen verbuggt sind, weil dort der linke und rechte Bildschirmrand nicht vollständig angezeigt werden. Als ich diesen Fehler selber nachprüfen wollte und das Spiel auf eine niedrigere Auflösungsstufe schaltete, ist mir das Programm hängengeblieben und musste per Taskmanager geschlossen werden. So ganz einwandfrei läuft das Programm also definitiv nicht.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
73
73
-
Multiplayer

FAZIT

Das war dann also Larry Laffer's dritter Ausflug nach Lost Wages. Unterm Stirch ist Leisure Suit Larry Reloaded (2.0 Gold Edition) die beste Version die es zu Larry's allerersten Abenteuer zu spielen gibt. Das Original von 1987 disqualifiziert sich heutzutage ja schon alleine aufgrund der miesen Text Parser-Steuerung, während das 1991/92 VGA-Remake weder die zusätzlichen Inhalte von Reloaded noch die Sprachausgabe oder den hervorragenden Jazz Orchester-Soundtrack auffahren kann. Nur die Frauen sahen Anfang der 90er scheinbar hübscher aus, aber das alleine reicht auch nicht. Größte Stärke von Reloaded ist jedoch der vollsynchronisierte Erzähler, der den Humor noch mal um zwei, drei Ecken in die Höhe treibt. Das ist aber auch bitter nötig, denn als Adventure an sich taugt Leisure Suit Larry: Reloaded nicht wirklich viel. Es ist ein Spiel welches hauptsächlich von seinem Humor lebt. Wer mit diesen also nichts anzufangen weiß, braucht sich nicht groß um das Spiel zu scheren. Aber auch diejenigen, die über die Eskapaden eines jungfräulichen Loosers herzhaft lachen können, sollten nicht zu viel erwarten. Die eher simplen Inventarrätsel und nervige Spielzeitstreckung bei einem ohnehin schon sehr kurzem Spiel, sorgen für einiges an Stirnrunzeln. Meine gute Wertung wird hauptsächlich von den zahlreichen Lachern getragen.

- Von  Volker

MS Windows

Leisure Suit Larry: Reloaded 2.0 Gold Edition REVIEW

USK 16 PEGI 16

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