Grim Fandango Remastered REVIEW
Seit geraumer Zeit scheinen uns die Remakes, Reboots und Remasters förmlich um die Ohren zu fliegen. Das stößt zwar nicht in der ganzen Videospiel-Community auf Gegenliebe, hat in einigen Fällen aber durchaus seine Berechtigung. So auch aktuell im Falle von Tim Schafers Adventure-Klassiker „Grim Fandango“, welcher ursprünglich 1998 veröffentlicht wurde. Seinerzeit wurde das Spiel von der Presse zwar enorm gut aufgenommen und bis heute zählt es als ein Meilenstein seiner Art. Doch Ende der 1990er Jahre war die große Zeit der Adventures bereits lange vorbei, Grim Fandango vielleicht zu speziell und technisch nicht ganz ausgewogen. Nun, über 17 Jahre später, veröffentlicht Schafer in Zusammenarbeit mit Sony das Spiel neu und macht das Spiel so nicht nur alten Hasen wie mir wieder schmackhaft, sondern auch einer neuen Generation von Spielern.
Wenn Tim sich von Tim inspirieren lässt
Eigentlich missfällt es mir ja Tim Burton heranzuziehen, wann immer es gilt, ein charmant-düsteres Werk zu besprechen. Im Falle von Grim Fandango ist der Vergleich aber sehr naheliegend, denn viele Elemente, die Burton in seinen Filmen verwendet, finden auch im Adventure von Tim Schafer ihren Einsatz. Da wäre zum einen das bis heute fantastische Art-Design, welches sich thematisch als eine Mischung aus Art déco, Film noir und der lateinamerikanischen Toten-Kultur zeigt. Der durchaus düstere, visuelle Stil des Spieles wird gleichzeitig aber mit einem wunderbar eigenwilligen, gerne auch mal makaberen Humor aufgelockert, der gleichzeitig eines der wenigen Beispiele für wirklich gut funktionierende Komik in Videospielen liefert.
Nach wie vor grandios in diesem Zusammenhang: die deutsche Lokalisation. So wird Protagonist Manny in der deutschen Version von dem als Synchronsprecher von Alf bekannt gewordenen Tommi Piper gesprochen, dessen Herangehensweise an die Figur eine leicht veränderte Nuance in die Grundstimmung der originalen Version legt. Wem diese Interpretation nicht zusagt, der kann in der Neuveröffentlichung aber jederzeit auch auf die englische Sprachfassung ausweichen.
Stilistisch hat sich Grim Fandango über die Jahre hinweg also sehr gut gehalten. Allerdings dürften sich einige Spieler an der Tatsache stören, dass die Bezeichnung „Remaster“ von den Verantwortlichen nicht gleichbedeutend als Komplettumbau aufgefasst wurde. Der ursprüngliche Grafikmotor wurde erhalten, lediglich an der Auflösung der Polygonfiguren (diese wirken nun eine Spur „feiner“) und der Beleuchtung wurde gefeilt. Insofern bekommt man also beim „Remaster“ eine nahezu unverfälschte Neuauflage geboten. Darüber hinaus gibt es einige technische Spielereien. Wer will, kann das Bild auf 16:9 Format dehnen. „Dehnen“ ist hier aber überaus wörtlich zu nehmen, denn wirklich gelungen ist die neue Auflösung nicht. Das originale 4:3 Format inklusive Ränder links und rechts am Bildschirm ist daher die empfehlenswerte Wahl.
Nach wie vor spielenswert
Sehr viel besser gefällt da schon die neue Steuerungsoption. Nun kann man Manny nämlich nicht nur wie noch 1998 notwendig per Panzer-Steuerung durch das Abenteuer manövrieren, sondern auch mit einer neuen, direkten Steuerung, die sich in den meisten Fällen sehr intuitiv anfühlt. Weitere neue Features des „Remaster“ sind die Audiokommentare, welche sich optional in den Level aktivieren lassen und sehr detaillierte Hintergrundinformationen zur Entwicklung liefern, sowie der durch ein kleines Orchester neu aufgenommene Soundtrack, der nach wie vor gekonnt die Stimmung des Spiels unterstreicht.
Auch in Sachen Spielspaß hat sich Grim Fandango sehr gut gehalten. Dadurch, dass Tim Schafer und sein Team aber nicht in das Gameplay eingegriffen haben, hat das Spiel einige Altlasten, die heute ebenso frustrieren können wie bei der Erstveröffentlichung. So sind die Rätsel in vielen Fällen zwar einigermaßen logisch aufgebaut und werden innerhalb der Spielwelt auch so kommuniziert, dass der Spieler nachvollziehen kann, was getan werden muss. Allerdings gibt es auch so manche Aufgaben, die wie reine Willkür wirken (Stichwort: versteinerter Wald).
Der wirklich größte Anreiz Grim Fandango noch einmal oder nun vielleicht sogar zum ersten Mal zu spielen ist daher vor allem die Handlung um Protagonist Manny. Das kauzige Knochengestell arbeitet Reich der Toten für das sogenannte Department Of Death als Reiseberater und berät kürzlich dahingeschiedene über ihren weiteren Verlauf im Jenseits. Haben sie Glück, dann können sie per Express-Ticket direkt weiter Richtung Paradies reisen, haben sie Pech und waren in ihrem menschlichen Leben nicht gerade vorbildliche Erdenbürger, wie Manny, dann müssen sie einige Zeit im Reich der Toten schuften, um sich ihre ewige Ruhe zu verdienen. Mehr oder weniger durch Zufall entdeckt Manny allerdings eine Verschwörung innerhalb des Department Of Death. Die Geschichte zieht sich dabei über vier Jahre innerhalb der Zeitrechnung von „Grim Fandango“ und glänzt vor allem durch seine bizarren Charaktere und die liebevoll erzählte Handlung.