Ghost in the Shell: Arise REZENSION
Mit Ghost in the Shell schuf Regisseur Mamoru Oshii einen Klassiker des Anime-Film. Vor allem im Westen trug der Film von 1995 maßgeblich zur Popularität der japanischen Animationskunst bei und inspirierte diverse Filmemacher, wie beispielsweise die Warkowski-Geschwister (Matrix). Die darauffolgenden Adaptionen des Stoffes konnten jedoch nie an die Brillanz des Erstlings heranreichen, was die Rechteinhaber aber nicht davon abhielt weitere Werke in dem Science-Fiction Universum anzusiedeln. Dazu gehört auch die in den Jahren 2013-2014 in Japan veröffentlichte OVA-Reihe Ghost in the Shell: Arise. Diese behandelt die frühen Jahre von Motoko Kusanagi und erzählt, wie sie zur öffentlichen Sicherheit gekommen ist und dort ihre Einheit, die Sektion 9, gebildet hat.
Arise
Die Handlung beginnt 2027, ein Jahr nach dem Ende des Vierten Weltkriegs. Die Schere zwischen Arm und Reich ist enorm gewachsen und selbst in entwickelten Ländern wie Japan herrscht ein großes Ungerechtigkeitsgefälle. Wer es sich leisten kann, der lässt seinen Körper mit künstlichen Erweiterungen verbessern und entgeht so dem körperlichen Zerfall. Vor allem Angehörige der Armee und Söldner besitzen diese Augmentierungen. Motoko Kusanagi, die als Beraterin für das japanische Militär arbeitet, ist eine der Wenigen, deren gesamter Körper gar komplett künstlich ist. Aufgrund politischer Querelen wurde sie vom Militär dazu genötigt, eine Unterschrift zu leisten, die ihr sämtliche Verfügungsrechte über ihren Körper absprechen. Motoko ist quasi Staatseigentum und darf nicht mehr über ihr eigenes Handeln bestimmen. Diese Entwicklung hängt direkt mit den Mord an ihrem ehemaligen Mentor Mamuro Giichi zusammen, welchem Korruption und Bestechung vorgeworfen wird.
Motoko steht diesen Vorwürfen skeptisch gegenüber und will außerdem ihre Unabhängigkeit wiedererlangen, weshalb sie auf eigene Faust ermittelt und schließlich den wahren Hintergründen auf die Spur kommt. Während ihrer Ermittlungen trifft sie unter anderem auf Chief Aramaki, den Leiter der öffentlichen Sicherheit, der sich ebenfalls in den Fall einklinkt und damit den Argwohn seiner Vorgesetzten auf sich zieht. Aramaki ist von den Motokos Fähigkeiten beeindruckt und bietet ihr die Möglichkeit an, innerhalb der Öffentlichen Sicherheit eine eigene Einheit zu gründen.
Ghost in the Shell: Arise erzählt in seinen vier Episoden, die je eine Laufzeit zwischen 50-60 Minuten aufweisen, eine eigenständige und in jeder Folge in sich abgeschlossene Handlung. Als thematischer Überbau dient die Gründung der Sektion 9 durch Motoko Kusanagi und ihre Anfänge im Dienste der öffentlichen Sicherheit. Regisseur Kazuchika Kise und Autor Tow Ubukata beziehen sich dabei natürlich auf die bereits existierenden Werke, die in der Zeitlinie später angesiedelt sind, nehmen sich gleichzeitig allerdings viele Freiheiten, um eine eigene Geschichten zu erzählen.
Konfuse Umsetzung
Gerade der Vergleich zu den Filmen von Oshii zeigt dabei den großen Unterschied hinsichtlich von Stimmung und Themen auf. Während sich der Film von 1995 mit den Auswirkungen von Technologie auf den Menschen und der Frage, was Menschen überhaupt ausmacht, auseinandersetzt, beschäftigt sich Arise eher mit den politischen, industriellen und kriminellen Strukturen innerhalb der Welt von Ghost in the Shell. Das klingt zunächst interessant und eröffnet definitiv eine neue Sicht auf das Universum, leider ist die Umsetzung aber bestenfalls mittelmäßig geworden.
Kise und Ubukata fällt es sichtlich schwer, eine richtige Struktur für ihre kleinen und großen Handlungspunkte zu finden. Der thematische Aufhänger, die Gründung von Sektion 9, ist da noch am interessantesten und führt nach und nach die bekannten Charaktere des Franchise ein. Die vier eigenständigen Geschichten hingegen sind mitunter ungemein konfus und lassen eine fokussierte Narration beinahe gänzlich vermissen. Das OVA-Format und vor allem die geringe Lauflänge scheinen nicht das richtige Fundament zu sein, für das, was die Macher erzählen wollen. Jede der vier Episoden wirkt vollgestopft und ohne roten Faden, was es mitunter sehr schwer macht, den Geschehnissen zu folgen.
Austauschbarer Stil
Erschwerend kommt das offenbar geringe Budget dazu, mit dem das Studio Production I.G offenbar auskommen musste. Selbst im Vergleich zu manchen TV-Anime wirkt Ghost in the Shell: Arise bescheiden, was sich vor allem in den kaum vorhandenen Details und den oftmals sperrigen Animationen äußert. Die Welt wirkt steril, die Figuren und gerade ihre Mimik steif und leblos. Auch der Look, der sich zwar an früheren Adaptionen orientiert aber doch einen eigenen Stil findet, wirkt austauschbar.
Die Actionszenen hinterlassen hingegen einen besseren Eindruck. Zwar sind mir die oft wechselnden Kameraeinstellungen einen Tick zu hektisch, alles in allem machen die nicht übermäßig eingesetzten Actionmomente aber einen guten Eindruck. Und auch bei der deutschen Lokalisation und Auswahl der Sprecher kann ich eigentlich nicht meckern. Die Musik, schon immer ein tragendes Element in Ghost in the Shell, setzt sich in Arise bewusst von den orchestralen Klängen der Filme ab und hat durchaus seine Vorzüge, wenn auch nur wenige Stücke dabei sind, die mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind.
Fazit
Aus der eigentlich interessanten Prämisse und der Fokussierung auf politische und kriminelle Strukturen in der bereits bekannten Welt von Ghost in the Shell hätte man sehr viel mehr machen können, als es Arise letztlich tut. Man merkt den vier OVAs jederzeit an, dass die Verantwortlichen mehr Zeit zum Erzählen ihrer Geschichten und mehr Geld für eine würdige Umsetzung ihrer Vision gebraucht hätten. Vor allem die mitunter sehr konfuse Narration und der nicht vorhandene rote Faden innerhalb der Episoden ist ein Makel, mit den Zuschauer auskommen müssen. Prinzipiell ist Ghost in the Shell: Arise ist sicherlich nicht per se schlecht. Aber gerade im Vergleich zum Originalfilm wirkt das Ganze doch beinahe belanglos.