Black Mirror II REVIEW

Future Game’s Point & Click-Grusel-Adventure „Black Mirror“ konnte mich vor einigen Jahren wunderbar unterhalten! Es zählt nach wie vor zu den Top 5 meiner Lieblings-Adventures. Es sollte also nicht überraschen, dass ich auch ein Auge auf die beiden Fortsetzungen geworfen habe, die von den deutschen Entwicklern von Cranberry Production erschaffen wurden. Natürlich war ich skeptisch, ob die Hannoveraner in der Lage sein würden den Flair des tschechischen Originals beizubehalten. Daher hab ich mein Exemplar von Black Mirror II erst mal einige Jahre im Schrank Staub sammeln lassen. Vor kurzem hatte ich aber mal wieder Lust auf ein richtig gutes Adventure und habe daraufhin den Entschluss gefasst mir endlich mal das Sequel reinzuziehen. Ob mich das Spiel überzeugen konnte und ob es mit seinem Vorgänger mithalten kann oder nicht, erfahrt ihr im folgenden Review.

 

Der Fluch der Gordons schlägt zurück

Biddeford. Küstenstadt im US-Bundesstaat Maine im Jahre 1993: Zwölf Jahre sind vergangen seitdem Samuel Gordon nach seiner unfreiwilligen Mordserie Suizid begangen hat, um den mörderischen Familienfluch seiner adligen Sippe zu unterbinden. Mit all diesen blutigen und unheimlichen Geschehnissen aus dem englischen Dörfchen Willow Creek, hat der junge Physikstudent und Hobbyfotograf Darren Michaels jedoch rein gar nichts am Hut. Sein Problem ist kein ominöser Fluch, sondern ein widerwärtiger Kotzbrocken namens Fuller, in dessen Fotoladen Darren während der Semesterferien jobbt. Da er seiner Mutter nicht zur Last fallen möchte erträgt unser Student die Schikanen seines Chefs und wünscht sich nichts sehnlicher als das Ende der verhassten Ferien.

Sein Wunsch endet jedoch abrupt als er der hübschen Angelina Morgan begegnet, mit der er natürlich sofort anbandelt. Dieser Lichtblick erlischt jedoch abrupt, als Darren seine Mutter bewusstlos im Wohnzimmer vorfindet. Da Fuller der Letzte war, der telefonischen Kontakt mit ihr hatte und sie einfach abwimmelte, gibt Darren ihm die Schuld für den Koma-Zustand seiner Mom und schwört Rache. Und tatsächliche findet er bald darauf Indizien die darauf hindeuten, dass sein Ex-Chef Dreck am stecken hat. Außerdem ist ein mysteriöser Fremder im verträumten Biddeford aufgetaucht, der sowohl Darren als auch Angelina hinterher spioniert. Als Fuller schlussendlich ermordet und Darrens neue Flamme Angelina als Täterin verhaftet wird, spitzt sich die Lage weiter zu … Scheint so, als würden einige Dinge erheblich schieflaufen, doch was hat der Fluch der Gordons mit all dem zu tun?

Trotz aller Skepsis die ich anfangs hatte, muss ich doch sagen, dass die Story in BM II eine sinnvolle Weiterführung der übergeordneten Handlung ist. Man kann zwar kritisieren, dass sich die neue Geschichte um Darren und Angelina etwas gekünstelt anfühlt, doch hatte ich persönlich nicht wirklich das Gefühl, dass dem so wäre. Dementsprechend bekommt die Story grünes Licht von mir. Lediglich das Ending ist sehr offen und wird nach den Credits mit einem hämischen „to be continued“ abgeschlossen. Da Cranberry Production Black Mirror ohnehin zur Trilogie erweitert hat (was wohl auch so geplant war), ist dies allerdings noch akzeptabel.

Weniger akzeptabel ist jedoch die Tatsache, dass dieser wunderbare Edgar Allen Poe-Gruselflair des Vorgängers weitestgehend flöten ging. Vor allem die erste Hälfte des Spiels hat so rein gar nichts mit gruseliger Atmosphäre und unheimlichen Ortschaften gemeinsam. In der zweiten Spielhälfte wird’s dann zwar wieder stimmiger aber so richtig hinbekommen haben’s die Hannoveraner in dieser spezifischen Hinsicht leider gar nicht. Die Tatsache, dass so gut wie jegliche Bedrohungen im Spiel von Leuten mit ner Knarre in der Hand oder ähnlichem ausging, zeigt das Kernproblem mühelos auf, denke ich. Man hat nie das Gefühl, dass hinter der ganzen Sache eine übernatürliche Macht steckt, gegen die man als Normalsterblicher nur wenig bis gar nichts ausrichten kann. Selbst gegen Ende des Spiels, wenn Cranberry in die Mystik-Okkult-Trickkiste greift, wirkt es eher plump und ungelenk statt spannend, unheimlich oder gar gruselig. Da hätte man den Kennern des Vorgängers schon mehr bieten sollen.

 

Sind alle Studenten so … schroff?

Die Überschrift ist eine Anspielung auf den Protagonisten Darren Michaels. Ich persönlich fand seinen Charakter ja wirklich gelungen, vor allem da er, wie schon sein Vorgänger Samuel, aus der gängigen Norm der aalglatten Adventure-Helden herausbricht. Viele Spieler haben sich jedoch darüber beschwert, dass der gute Darren oftmals sehr arrogant, großkotzig und mit einer generell negativen Einstellung bezüglich seiner Mitmenschen auftritt. Nochmals, ich finde diese Darstellung klasse! Ok, manchmal macht es schon einen eigenartigen Eindruck, wenn sich ein kleiner Physikstudent so aufspielt, jedoch ist dies ein generelles Problem in BM II und nicht allein auf den Charakter Darren beschränkt. Vielleicht hätten die Leute von Cranberry die Option das Verhalten des Protagonisten selbst zu bestimmen beibehalten sollen. Im Vorgänger konnte man schließlich auch auswählen ob die Spielfigur aggressiv oder freundlich artikuliert. Aber selbst wenn man diese Möglichkeit angeboten hätte, so wären gewisse NPC’s denen man begegnet wohl trotzdem lächerlich überzeichnet worden.

Bereits kurz nachdem man das Spiel begonnen hat wird man von Fuller regelrecht zusammengeschissen – kein angenehmer Einstieg, das könnt ihr mir glauben. Sicherlich soll Fuller als Schurke porträtiert werden, doch greift der Grad seiner Aggressionen in lächerliche Höhen. Da bekommt man den Eindruck als würde man einen Donald Duck-Comic lesen, in dem dieser mal wieder von Onkel Dagobert angeschnauzt wird. Mit dem Unterschied, dass Dagobert die Boshaftigkeit von Fuller fehlt. Es ist aber nicht nur Fuller der comichaft unglaubwürdig herüberkommt. Da gibt es noch die blöde Kuh aus dem Souvenierladen (tratscht und lästert lieber als Kunden zu bedienen), den sehr unfreundlichen Chiliverkäufer (hat ebenfalls Dreck am Stecken), den keifenden Gärtner (Klischee bedingt ein alter frustrierter Sack – ist er der Mörder?) und mein geheimer Favorit: Die Krankenhaus-Wache (ist der Erste der uns ne Knarre entgegen richtet).

Ganz ehrlich: Diese ganzen seltsamen Gestalten denen man begegnet gingen mir mit ihrer chronischen Unfreundlichkeit und Aggression gewaltig auf den Zeiger! Und manche Spieler beschweren sich stattdessen über Darren’s Art?

 

Auch 08/15-Gameplay kann begeistern


Es sollte allgemein bekannt sein, dass sich Point & Click-Adventures schwertun Innovationen einzubringen. Und auch BM II bietet nix neues in dieser Hinsicht. Man klappert die Hotspots der Renderscreens mittels Mauscursor und -tasten nach Gegenständen ab, kombiniert diese gegebenenfalls untereinander und verwendet sie anschließend an passenden Hotspots um diverse Problemstellungen zu meistern. Dialoge mit NPC’s treiben dabei die Handlung weiter voran. Letztere hält Darren in seinem Notiz-/Tagebuch fest, damit der Spieler die Übersicht über den Storyverlauf behält. Schönerweise hat man auch ein Questlog inklusive optional zuschaltbarer Spielhilfen eingebaut. Funktionen wie eine Hotspotanzeige (ebenfalls optional zuschaltbar) oder der Shortcut-Doppelklick durch Ein- und Ausgänge gehören ebenfalls zum guten Komfort-Ton. Nur bei der Fortbewegung der Spielfigur hat man mal wieder gefaulenzt. Darren bewegt sich nur im Schritttempo voran.

Neben den typischen Inventarrätseln bietet BMII auch eine Reihe originellerer Aufgaben. So muss ein Tresor mithilfe eines Stethoskops geknackt, aus einem Stückchen Draht ein Dietrich zurechtgebogen oder ein zerrissener Brief zusammengepuzzelt werden (letzteres ist eine nette kleine Anekdote zum ersten Teil). Solcherlei Aufgaben treten in nahezu perfekt dosierter Häufigkeit auf und lockern die Inventarrätsel hervorragend auf! Erwähnenswert ist auch der gelungene Schwierigkeitsgrad des Spiels. Ich habe selten ein Adventure erlebt, welches mir eine bessere Mischung aus Grübelei- und Fortschrittsphasen geboten hat. Das Spiel ist kein totaler Spaziergang wie ein „The Book of Unwritten Tales,“ es ist aber auch meilenweit von einem frustrierenden Hirnbrecher entfernt, den man nur mittels Komplettlösung meistern könnte. Tatsächlich kann ein fortgeschrittener P&C-Abenteurer das Game ohne Lösung durchspielen ohne dabei jedoch das Erfolgserlebnis für geknackte Rätsel einzubüßen. Ab und zu muss nämlich auch mal etwas intensiver gegrübelt werden, aber eben nie so lange, dass es anfängt zu nerven und der Spieler sich bereits innerlich darauf vorbereitet im Internet nach einer Lösung zu suchen. Für mich ein perfekt dosierter Schwierigkeitsgrad!

Um dem Vorbild treu zu bleiben gibt es auch hier wieder eine handvoll tödlicher Fallen oder Situationen in denen man unter Zeitdruck gesetzt wird und bei Scheitern gerne mal den virtuellen Tod erleidet (keine Bange, diesmal gibt’s Checkpoints). Wirklich überrascht hat mich eine Szene gegen ende des Spiels, wo man mit einer ziemlich übel zugerichteten Leiche konfrontiert wird. Das es gerade jemanden erwischte, bei dem man es nicht erwartet und dem man solch ein grausames Ende auch nicht gewünscht hätte, macht es natürlich nicht einfacher. Schade nur, dass dies die einzig wirklich denkwürdige Szene für mich war. Immerhin hatte besagte Stelle die Altersfreigabe von 16 Jahren im Nachhinein noch gerechtfertigt.

Erwähnenswert ist noch das Extra-Menü auf welches man per Hauptmenübildschirm gelangt. Dort darf man auf Zwischensequenzen, Bildchen und „Minispiele“ zugreifen, sofern man sie denn freigeschaltet hat. Hierzu muss man entweder im Spiel voranschreiten oder mithilfe von Darrens Kamera diverse Hotspots abknipsen, was ich jedoch versäumt habe (hatte das Handbuch nicht gelesen :p). Im Endeffekt bin ich aber glücklich darüber, da ich das Spiel und dessen Handlung genießen möchte und nicht die Atmosphäre durch systematisches abknipsen aller Hotspots zerstören will. Außerdem verbergen sich hinter den „Minispielen“ laut meiner Recherche ohnehin nur einige aus dem Spiel bekannte Rätselaufgaben (zerrissener Brief und so). Also kein großer Verlust.

 

Grafik, Sound und sonstiges

Ein dickes Lob gibt’s erst mal für die Option die Auflösungsstufe anzupassen. Das Spiel „warnt“ mich zwar, dass es am besten aussieht, wenn es in seiner bevorzugten Auflösungsstufe in 1280er Breite gespielt wird, doch konnte ich zwischen meiner bestmöglichen Stufe von 1680×1050 und der Vorgeschlagenen keine Verbesserung feststellen. Auf jeden Fall sehen die Renderscreens klasse aus und bieten genügend kleinere Animationsphasen, so dass sie nicht zu statisch wirken. Die 3D-Charaktermodelle sind gut modelliert, wirken aber recht ungelenk, was man bei 2.5D-Adventures aber kaum anders gewohnt ist. Die seltenen Zwischensequenzen, die zwischen den sechs Kapiteln abgespielt werden reißen nichts rum, was vor allem daran liegt, dass sie kaum richtiges 3D-Filmmaterial bieten und stattdessen nur Standbildszenen abspulen. Etwas mehr Mühe hierbei wäre nicht schlecht gewesen.

Auch in der Fortsetzung wirkt die Musik passend gewählt. Die von Klavier und Streichinstrumenten dominierten Stücke erzeugen eine vorrangig depressive Stimmung mit einem Hauch Gruselatmosphäre. Komponist Zdeněk Houb hat einen schönen Soundtrack erschaffen, der Freunden oben genannter Musikinstrumente viel Freude bereiten dürfte. Die Sprachausgabe ist ebenfalls gelungen, die Sprecher können ja nichts für die Persönlichkeiten der Charaktere, die sie synchronisieren. Tatsächlich haben sie hervorragende Arbeit geleistet den NPC’s Leben einzuhauchen!

Die technische Seite kann sich absolut sehen lassen! Das Spiel ist mir kein einziges mal abgestürzt oder durch einen Bug unangenehm aufgefallen. Im Optionsmenü lässt sich das Programm weiterhin an die technischen Möglichkeiten des verwendeten PC’s anpassen. Damit ist nicht nur die Auflösungsstufe gemeint, sondern auch Dinge wie Kantenglättung, Texturqualität der Charaktermodelle und anderes. Ist immer eine feine Sache, wenn man sein Spiel an die Möglichkeiten seines Rechners anpassen kann.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
84
84
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Ich habe lange damit gehadert, ob ich BM II dieselbe Wertung gönnen soll wie seinem Vorgänger. Die zum großen Teil abhanden gekommene Gruselatmosphäre und die Abstinenz dieses gewissen Edgar Allen Poe-Flairs ist natürlich ein schwerer Schlag, wird jedoch durch tolle Rätsel, erhöhten Komfort und einen hervorragenden Schwierigkeitsgrad ausgeglichen. Da es jedoch diese gewisse Atmosphäre war, die das tschechische Original für mich zu etwas wirklich besonderen gemacht hat, sehe ich mich leider gezwungen doch noch ein Pünktchen abzuziehen und BM II meinen imaginären Hit-Award zu verweigern. Ein sehr gutes Point & Click-Adventure im Schauersetting ist es aber ohne Zweifel! Und es steht außer Frage, dass ich mir den dritten Teil über kurz oder lang auch noch gönnen werde.

- Von  Volker

Playstation 4
Xbox One
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