Beyond Good & Evil REVIEW

Mittlerweile hat es sich ja etwas geändert, aber es gab auch mal eine Zeit, als nahezu sämtliche Publisher ihre Games im Weihnachtsgeschäft verheizten. So geschehen auch mit dem Spiel Beyond Good & Evil (kurz: BG&E), welches aufgrund dieser Sachlage und dem schlechten Marketing von Seiten Ubisofts zu seinem Release kaum die Beachtung erhielt, welche es verdient hätte.

Hohe Bewertungen, diverse Game Awards … Es half alles nichts, BG&E ging schlicht und einfach unter und wurde bereits kurze Zeit nach seinem Release zum Dumpingpreis verschachert.
Eine weitere Konsequenz von Ubisoft’s Misswirtschaft äußerte sich in der Ungewissheit über die Fortsetzung der ursprünglich auf drei Teile ausgelegten Serie. Die Fans von Beyond Good & Evil warten bis heute auf den zweiten Teil, der bislang nur in Form zweier Teaser/Trailer und einiger schwammiger Angaben und Gerüchte existiert – Teil 2 soll sich nach wie vor in Produktion befinden. Ich wünsche Michel Ancel (Rayman 1+2, King Kong) und seinem Team jedenfalls viel Glück, dass es mit der Trilogie doch noch klappt, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. … Ach ja, der erste Teil, der zu Weihnachten 2003 für diverse Systeme veröffentlicht wurde, ist laut Meinung des Autors dieser Zeilen ein absolutes Meisterwerk! Warum das Spiel ein „Must play“ ist, könnt ihr im folgenden Review nachlesen.

 

Story

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Es herrscht Krieg auf Hillys, einem eigentlich friedlichen Bergbauplaneten in System 4. Hillys wird von der monströsen Alienspezies „DomZ“ belagert, die schon viele Planeten des Universums „entvölkert“ hat. Zum Glück gibt es da aber noch die militärische Spezialeinheit „Alpha-Abteilung“, die den DomZ den Krieg erklärte und somit von der geplagten Bevölkerung Hillys‘ als Helden angesehen wird. Nur blöd, dass die ach so tolle Spezialeinheit bei realen Kampfeinsätzen alles andere als heldenhaft auftritt … Ständig erscheinen sie zu spät in der Krisenzone, scheuen sich im Gegenzug aber nicht davor sich unangebracht in den Medien aufzuplustern und anderer Leute Lorbeeren einzukassieren. Klar, dass mit dieser Vorgehensweise nicht jeder Hillyaner einverstanden ist, woraus sich die Konsequenz in der Entstehung des sogenannten „Iris-Netzwerkes“ ergibt. Von den „Alphas“ als Terroristen diffamiert, behauptet jene Untergrundbewegung, dass die Alphas nicht das sind was sie zu sein behaupten … Welche von den beiden Gruppierungen denn nun die Gute und welche die Böse ist, gilt es nun für die Freelancer-Reporterin Jade herauszufinden.

Jade lebt zusammen mit ihrem Stiefonkel Pey’j, einem „Sus-Sapiens“ (ein Schweinemensch, es gibt auch noch weitere „Tiermenschen“-Spezies in Beyond Good & Evil), dem Hologramm Secundo und einer ganzen Rasselbande an Kindern, deren Eltern den DomZ zum Opfer gefallen sind, auf der Leuchtturminsel. Natürlich ist es alles andere als preisgünstig für die Kids aufzukommen, und auch der Strom für den dringend benötigten Schutzschild muss bezahlt werden. Leider schreiben die Bewohner der Leuchtturminsel derzeit rote Zahlen, weswegen der Schild im entscheidenden Moment eines der zahlreichen DomZ-Angriffe ausfällt – der Stromanbieter auf Hillys kennt keine Gnade! Glücklicherweise sind Jade und Pey’j hart im Nehmen und schlagen die DomZ zurück, ehe die Alpha-Abteilung – mal wieder zu spät – am Einsatzort aufkreuzt. Die Erlösung für die derzeitigen finanziellen Nöte, folgt in Form zweier Aufträge für „Jade Reporting & Co.“. Beide Aufträge beinhalten die fotografische Aufnahme diverser Tierarten auf Hillys, wobei der vom zwielichtigen „Mr. De Castellac“ gewünschte Schnappschuss nur als Einstieg für eine ganz andere Aufgabe dienen soll … Und somit landen Jade und Pey’j zwischen den Fronten von Gut und Böse. Ein Kampf den man nur mit einer Waffe gewinnen kann, die jenseits von Gut und Böse liegt – der Wahrheit!

Sofort wird einem bewusst, dass die Handlung von Beyond Good & Evil – im Gegensatz zu vielen anderen Action-Adventures – erfrischend „neuartig“ ausfällt. Dem Spiel gelingt das schier Unmögliche: Eine Geschichte zu erzählen, die einerseits bodenständig bleibt und erschreckend reale Probleme wie die Kontrolle durch die Medien oder Menschenhandel anschneidet, dabei aber auch Game typische Bedürfnisse auf epischer Basis befriedigt á la: „Nur du kannst den Planeten retten.“! Als i-Tüpfelchen bekommt man noch enorm sympathische Charaktere oben drauf gesetzt, welche zu jener Sorte gehören, die man sofort und ohne Wenn und Aber ins Herz schließt. Jade, die agile Journalistin, überzeugt mit ihrer lockeren, selbstbewussten Art und ihrem enormen Verantwortungsbewusstsein. „Onkel“ Pey’j hingegen, ist der leicht widerspenstige aber herzensgute und humorvolle Techniker im Team, welches später durch den treuen und tapferen Soldaten „Double H“ ergänzt wird. Und auch die Nebencharaktere verfügen über genügend Persönlichkeit, um zu gefallen. Ich habe an dieser Stelle einfach nichts auszusetzen. Das Team um Michel Ancel hat eine wirklich wundervolle, spannende und gefühlvolle Geschichte mit liebenswürdigen Charakteren erzeugt! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen … Ok, am Ende bleiben noch einige Fragen offen, aber diese werden dann vielleicht in der hoffentlich erscheinenden Fortsetzung geklärt werden …

 

Gameplay

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BG&E ist eines der Spiele, welches versucht mehrere Genres miteinander zu verschmelzen. Folglich wird man hier mit den unterschiedlichsten Aufgabenstellungen konfrontiert. All diese Genre-Bröckchen wurden in BG&E glücklicherweise sehr gut und vor allem sinnvoll zusammengebracht. Dies äußert sich z. B. in einigen unterhaltsamen Nebenaufgaben wie Rennfahrten mit dem Hovercraft, lustigen Minigames wie den Puck-Tisch in der Akuda-Bar und sogar einigen kurzen Space-Shooter-Abschnitten! Zusätzlich dazu gibt es viele tolle Ideen wie das E-Mail Postfach, auf dem z. B. die Schlagzeilen abbonierter Zeitungen zugesendet werden oder die M-Disks, die auf diversen Terminals abgespielt werden können – per M-Disk wird auch der Spielstand gesichert. Unterm Strich lässt sich das Spiel jedoch eindeutig als Action-Adventure identifizieren, da man den Großteil der Spielzeit eben damit verbringt sich kämpfend, Rätsel lösend und schleichend durch diverse Areale zu bewegen.

Interessant ist hierbei, dass man zu gut 80% der Spielzeit von einer zweiten Spielfigur (Pey’j oder Double H) begleitet wird, der man auch geringfügig Befehle erteilen kann. Ein Druck auf die Dreieck-Taste genügt, um seinen Partner anzuweisen einen Schalter zu betätigen oder seine Spezial-Attacke im Kampf einzusetzen. Natürlich wird dieses Schema auch zur Lösung einiger Rätsel angewandt. Abgesehen davon agiert der Partner übrigens absolut autonom und mit einer sehr zufriedenstellenden K. I. Konfrontationen mit Gegnern gestalten sich hingegen äußerst simpel. Man verfügt hier über die X-Taste zum Angreifen und die Quadrat-Taste zum Ausweichen. Ferner kann man bei gehaltener X-Taste noch einen Super-Angriff aufladen, der alles im Umkreis trifft und später noch mit einer Zusatzeigenschaft ausgestattet werden kann. Und wie bereits gesagt gibt es da noch das Spezialmanöver vom derzeitigen Partner. Ein Großteil der Kämpfe läuft auf Buttonmashing hinaus, in den Bosskämpfen hingegen ist etwas Strategie gefragt.

Später im Spiel wandelt sich der Action-Adventure-Part von Beyond Good & Evil vom typischen A-A-Gameplay zum Stealth-Game á la Metal Gear Solid. Hier sollte man direkte Konfrontationen vermeiden und sich vorzugsweise schleichend und geduckt vorsichtig vorantasten. Des Weiteren steht einem zu diesem Zeitpunkt bereits der „Gyrodisk-Handschuh“ zur Verfügung, mit dem man Energiedisks abfeuert, um weit entfernt liegende Schalter zu betätigen, den Feind abzulenken oder auch an empfindlichen Stellen zu verwunden. Die Kernaufgabe in BG&E sind Tier- und Beweisfotos anzufertigen, um Geld zu verdienen und die Story voranzutreiben. Jade’s Kamera lässt sich jederzeit mit der R2-Taste aktivieren und wird nach den ersten Satz Tierfotos um ein Zoom-Objektiv aufgerüstet, mit dem es sich dann wesentlich angenehmer knipsen lässt. Eine weitere primäre Aufgabe ist es möglichst viele Perlen einzusammeln, mit denen man sein Hovercraft aufrüsten muss, um somit neue Gebiete erschließen zu können. Auf diese Weise wird der Spielablauf in der relativ offenen, wenn auch recht überschaubaren Spielwelt in die entsprechenden Bahnen gelenkt. Kleinere RPG-Elemente wie der Erwerb von Heilmitteln und zusätzlichen Gadgets, Dialoge mit NPC’s sowie das Erweitern der Gesamtlebensenergie durch die sogenannten PB-1 Apparate, runden das Gameplay weiter ab.

Unterm Strich ist BG&E jedoch ein ziemlich lineares Spiel mit einer – ehrlich gesagt – recht kurzen Spieldauer. Schade ist dies vor allem deshalb, weil in den ersten Preview’s noch die Rede von einem gesamten Sonnensystem war, welches man erforschen sollte. Letztendlich findet die Handlung jedoch beinahe ausschließlich auf Hillys statt. Das war für mich seinerzeit doch eine kleine Enttäuschung, da zu diesem Zeitpunkt bereits das PS2-Spiel „Haven“ gezeigt hatte, dass so etwas wie ein Sonnensystem mit mehreren zu bereisenden Planeten durchaus möglich war. Darüber hinaus sollte man sich dessen bewusst sein, dass nicht jedem jedes Spielelement gefallen wird. Ich persönlich kann z. B. einige der Stealth-Abschnitte nicht sonderlich gut leiden, während sich andere Spieler an den Rennspielabschnitten stören werden (die mir wiederum sehr gut gefallen haben), einige werden die ziemlich simpel gestrickte Steuerung bemängeln usw. Beyond Good & Evil ist sicherlich kein perfektes Spiel, allerdings sollte man den Titel als Gesamtpaket betrachten und dementsprechend beurteilen, anstatt sich an eins, zwei Treppchen hochzuziehen. Als Gesamtpaket ist es nämlich ein absolut wunderbares Spiel, dessen Gameplay sowohl abwechslungsreich und temporeich ausfällt, dabei aber stets leicht zu handhaben ist und über viele ruhige und atmosphärische Passagen verfügt. Es fügt sich hier einfach alles wunderbar zusammen, diesen tollen Gesamteindruck können auch kleinere Mängel – wie die etwas träge Kameraführung – nicht trüben.

 

Grafik, Sound und Präsentation

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Die Grafik von Beyond Good & Evil wirkt auf den ersten Blick wunderschön. Hillys entblößt fantasievolle aber dennoch überraschend bodenständige Locations, die von einer Vielzahl unterschiedlichster Tierarten bevölkert werden. Die Farbwahl der Spielwelt ist hierbei einzigartig: Ob nun die giftgrünen Farbtöne der DomZ-Monster, die rötlich eingefärbten Wände des Schlachthaus-Bezirks oder die türkis-bläulich schimmernden Minenstollen – Hillys hinterlässt einen bleibenden Eindruck beim Spieler. Allerdings muss auch gesagt werden, dass die Grafik objektiv betrachtet dann doch nicht so toll ausfällt. Vor allem die Texturen wirken beim näheren Hinschauen etwas bescheiden. Dies liegt wohl daran, das BG&E als Multiplattformtitel konzipiert wurde, und es somit nicht möglich war, die individuellen Leistungsfähigkeiten der Spielplattformen auszunutzen. Auf der anderen Seite sieht der Titel gerade im Hinblick auf diesen Aspekt dann doch sehr gut aus!

Als uneingeschränkt negativ müssen allerdings die „Filmbalken“ am oberen und unteren Bildschirmrand bezeichnet werden. Ich benutze bewusst den Begriff Filmbalken und nicht „Pal-Balken“, da diese nichts mit einer schlechten Pal-Anpassung (nebst zusammengestauchter Grafikdarstellung) zu tun haben, wie man sie seinerzeit in einigen Games wie FFX oder Devil May Cry erdulden musste. Unglückseligerweise waren Michel Ancel und sein Team der Meinung, dass diese Balken das „Filmfeeling“ von BG&E steigern würden. Eine Schnapsidee über die die Franzosen im Nachhinein hoffentlich hinweggekommen sind – ich will diese Balken jedenfalls nicht mehr im eventuellen Nachfolger ertragen müssen …

Herausragend sind hingegen die Animationen der Spielfiguren ausgefallen. Man beachte nur einmal die Bewegungsabläufe der Protagonistin, um sich der hohen Qualität in diesem Bereich bewusst zu werden. Es wirkt oftmals so, als ob man einer echten Person bei ihren Bewegungen zusehen würde, und als Krönung gibt es viele schöne Details die ich so noch in keinem anderen Spiel gesehen habe. Lasst Jade einfach mal gegen eine Wand laufen und schaut zu wie sie dem drohenden Zusammenprall mit Armen und Händen abmildert – so etwas nennt man Detailverliebtheit!

Sound: Fantastique, Monsieur Héral!! Man kann vor Christophe Héral und seinen beiden Assistenten Laetitia Pansanel und Patrice Héral nur den Hut ziehen. BG&E bietet einen der besten Game-OSTs den ich jemals gehört habe. Die Palette reicht von ruhigen, düsteren oder Spannung steigernden Ambient-Tracks über wunderschöne, friedliche Melodien bis hin zu hektischen Bossthemes und schrägen Gesängen. Eine Gemeinsamkeit haben aber alle Tracks: Es sind waschechte Ohrwürmer! Nicht umsonst haben viele Fans (vergeblich) auf eine Veröffentlichung der OST-CD gewartet. Wer diesen OST noch nicht kennt, sollte schleunigst probehören (Youtube hilft)! Alleine der Track „Propaganda“ ist einer der Game-OST-Klassiker schlechthin.

Glücklicherweise fallen Sprachausgabe und die Geräuschkulisse nicht hinter die hohe Qualität des OSTs zurück. Jeder Sprecher leistet professionelle Arbeit und wartet mit einer hörenswerten und vor allem unverbrauchten Stimme auf. Ebenso herausragend fallen auch die ungezügelten Schmerz- und Kampflaute der DomZ-Monster im Gefecht oder das beiläufige Hüsteln eines Wachpostens beim vorbei schleichen auf – nur um mal zwei Beispiele zu nennen. Um es kurz zu machen: Bezüglich des Sound-Bereiches bekommt der Titel von mir ganz klar die Höchstwertung, alles was darunter liegt wäre einfach inakzeptabel!

Präsentation: Ich habe wenig Schlechtes bezüglich der Gesamtpräsentation zu sagen. Story, Gameplay, Sound und Grafik fügen sich wunderbar zusammen und erzeugen ein unglaublich kreativ gestaltetes Universum voller aufregender Eigenheiten und Hintergrunddetails. Propagandafilmchen der Alpha-Abteilung, dutzende Tierarten die sich fröhlich auf Hillys tummeln, ein Tag- und Nachtwechsel … Die Franzosen haben geklotzt und nicht gekleckert! Ein paar Stolpersteine gibt es aber dennoch: Die Ladezeiten sind zwar kurz aber nun einmal vorhanden, die Kameraführung erfordert etwas Eingewöhnungszeit und die Filmbalken sind ganz einfach ein unnötiges Ärgernis. In dieser Hinsicht haben andere Spiele wie zum Beispiel Jak & Daxter eindeutig die Nase vorn. Trotzdem ist Beyond Good & Evil ein herausragendes Gesamterlebnis, dass man nicht versäumen sollte!

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Spiel Bewertung
Singleplayer
90
90
Super
-
Multiplayer

FAZIT

Was gibt es noch groß zu sagen? Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass dieser Titel zurecht als Meisterwerk bezeichnet wird! Nun mag es vielleicht einige Nörgler geben die sich darüber ärgern, dass einige Gameplay- und Steuerungsschemata etwas arg simpel ausfallen, was ja auch durchaus zutreffen mag. Jedoch bin ich der Meinung, dass jene Leute dieses Spiel nicht völlig verstanden haben. Beyond Good & Evil ist ein eigenwilliges, spezielles Spiel für langjährige Core-Gamer die etwas Neues erleben wollen. Zur gleichen Zeit ist es aber auch ein sehr einsteigerfreundliches Spiel für Spieler, die noch nicht allzuviel Erfahrung haben und einfach nur ein schönes Abenteuer erleben möchten. Es ist ein ernsthaftes Spiel, welches reale Probleme anspricht aber dennoch kinderfreundlich aufgemacht wurde, ohne dabei jedoch auch nur für eine Sekunde ins Kitschige abzudriften ... Beyond Good & Evil ist ein Meisterwerk, dass jeden ansprechen sollte der sich auch nur etwas für wirklich gute Video- und Computerspiele interessiert!

- Von  Volker

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